Interaktion des als ob: Privatanleger und Anlageberater

ZusammenfassungDie Anlage von Kapital in Wertpapieren ist seit Ende der 90er Jahre eine interessante Option für viele geworden, die ihren Lebensstandard erhöhen oder sichern wollen, wenngleich den meisten „die Börse“ fremd ist. Sie sind auf die Beratung bei Banken und Sparkassen angewiesen. Und bis zum „Crash“ gab es für die meisten auch kaum Grund zur Klage über die Beratung — die Kurse stiegen ja. Es ist aber erstaunlich, dass auch nach dem Crash, in dem Viele viel Geld verloren haben, die Beziehung zwischen Privatanlegern und Anlageberatern nicht ernsthaft gestört zu sein scheint.In unserem Beitrag zeigen wir zunächst, welche Forderungen der Gesetzgeber an die Anlageberatung stellt und wie diese Forderungen bei Banken und Sparkassen umgesetzt werden, wobei erhebliche Diskrepanzen zwischen formaler und tatsächlicher Erfüllung der gesetzlichen Forderungen deutlich werden. Wir zeigen dann, dass diese Forderungen eigentlich auch nicht erfüllbar sind, weil sie auf unrealistischen Annahmen über die Möglichkeiten einer anlagegerechten und anlegergerechten Beratung beruhen. Dass beide Seiten dennoch mehr oder weniger zufrieden sind, erklären wir aus der spezifischen Art der Beziehung zwischen Kunde und Berater: Es ist eine Interaktion des als ob, in der beide so tun, als ob sie sich in ihrem Gespräch verstanden hätten. Als ob der Berater den Kunden tatsächlich aufgeklärt und der Kunde den Berater tatsächlich verstanden hätte. Und dieses beiden bewusste, aber nicht thematisierte als ob ist Voraussetzung für die Durchführung einer Beratung und das Zustandekommen des Geschäfts.AbstractSince the late nineties, stock market investments have become an attractive option for many who want to secure or improve their standard of living, although „stocks“ are an obscure subject for most of them. They have to rely on investment consultants in banks. Until the stock market crash, there was no reason to complain about the consulting process — shares kept going up in value.But it is remarkable that following the crash, which caused many investors to lose a large amount of money, the relationship between private investors and investment consultants does not seem to have been damaged.In our paper we first show the legal requirements for investment consulting and how these requirements are implemented by banks, and we identify considerable discrepancies between the theoretical and the actual fulfillment of these legal requirements.We then show that it is impossible to meet these requirements in reality because they rely on unrealistic assumptions regarding a consulting process that both adequately covers investment options and addresses the needs of investors. We argue that both sides are more or less satisfied with the situation because they operate on an as if basis: consultant and client talk and behave as if they understood each other. As if the consultant had really informed the client and as if the client had really understood the consultant. This as if which both parties are aware of but which is not openly discussed is the condition of a successful consultancy process and for making the business happen.