Arbeitsspielaufgelöste Modellbildung und Hardware-in-the-Loop-Simulation von Pkw-Dieselmotoren mit Abgasturboaufladung

Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines dynamischen, arbeitsspielaufgelosten Modells eines CRDI-Pkw-Dieselmotors mit Abgasruckfuhrung, Ladeluftkuhlung und Abgasturboaufladung fur Hardware-in-the-Loop-Testumgebungen. Im Fokus der Modellanwendung stehen die Entwicklung, der Test und die Vorapplikation zylinderdruckbasierter Motormanagementsysteme. Das entwickelte Echtzeitmotormodell setzt sich aus einem Luft- und Abgaspfadmodell, einem VTG-Turboladermodell, einem Modell der Zylindergruppe sowie einem Emissionsmodell zusammen. Der realisierte Abbildungsumfang ermoglicht die Berechnung samtlicher fur die Sensorsimulation und die Motoroptimierung erforderlichen Prozessgrosen. Die Darstellung der zylinderinternen Grosen basiert auf einer einzonigen Arbeitsprozessrechnung. Der dieselmotorische Verbrennungsprozess wird durch ein nulldimensionales, phanomenologisches Modell beschrieben, das sich in ein Vormischverbrennungsmodell, ein Diffusionsverbrennungsmodell und ein Zundverzugsmodell untergliedert. Die Wandwarmeverluste werden durch einen ahnlichkeitstheoretischen Ansatz abgeschatzt. Fur die Modellierung der Ladungswechselorgane und des Kurbeltriebs kommen physikalisch-basierte Modelle zur Anwendung. Der Luft- und Abgaspfad wird mittels einer Speicher-Drossel-Struktur nachgebildet (Ansatz konzentrierter Parameter). Der Warmeaustausch im AGR- und Ladeluftkuhler wird durch instationare Modelle beschrieben. Die Modellierung der Warmeverluste in den Speicherelementen des Abgassystems beruht ebenfalls auf instationaren Ansatzen. Einen Kernpunkt der Arbeit bildet die Ableitung eines echtzeitfahigen, physikalisch-parametrischen Modells des VTG-Abgasturboladers. Das Modell stellt eine Alternative zu konventionellen Kennfeldansatzen dar und ermoglicht eine realitatsnahe Wiedergabe von Schwachlastbetriebspunkten und stark transienten Motorbetriebsphasen. Grundlage der Modellierung ist die eindimensionale Stromfadentheorie. Das diabate Prozessverhalten des Verdichters und der Turbine wird durch ein dynamisches Warmeubergangsmodell berucksichtigt. Die Reibverluste in den Lagerungen des Turboladers werden separat durch ein physikalisches Reibmodell erfasst. Zur Approximation der Stickoxid- und Partikelemissionen des Motors kommen experimentelle Modelle zur Anwendung. Als Modellstruktur dienen lokal-polynomiale Neuro-Fuzzy-Ansatze. Fur die Parametrierung des Motormodells wird eine durchgangige Bedatungsmethode entwickelt, die von der Prufstandskonfiguration uber die Versuchsplanung und Versuchsdurchfuhrung bis zur Parameteridentifikation und Modellvalidierung reicht. Ein Novum stellt die Identifikation des Turboladers mittels Heis- und Kaltversuchen am Motorprufstand dar. Das Gesamtmodell wird auf einem HiL-Testsystem implementiert und die Lauffahigkeit des Modells im geschlossenen Kreis mit einem realen Motorsteuergerat nachgewiesen. Eine detaillierte Validierung des Simulationsmodells erfolgt anhand von stationaren und dynamischen Messdaten vom Motorprufstand.