Durch die steigende Anzahl von regulatorischen Auflagen sowie zusatzlichen freiwilligen Normen und Zertifizierungen im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit entsteht der Bedarf nach einer angemessenen Software-Unterstutzung zur Vermeidung von Compliance-Verletzungen. Software zum Compliance Management uberwacht aktiv die Einhaltung von gesetzlichen Auflagen und liefert Entscheidern in Unternehmen jederzeit einen Uberblick uber den aktuellen Compliance-Einhaltungsgrad. In dem vorliegenden Beitrag wird eine Balanced Scorecard (BSC) als Instrument zur Uberwachung der Nachhaltigkeit und der Einhaltung von Compliance-Anforderungen vorgestellt und prototypisch umgesetzt. 1 Einleitung und Motivation Unternehmen werden zunehmend durch den Gesetzgeber zur Einhaltung von Auflagen im Bereich des Umweltschutzes verpflichtet. Die organisatorische und insbesondere die technische Umsetzung eines Compliance Managements sind jedoch von den betroffenen Unternehmen selbst zu verantworten. Eine Nichteinhaltung der regulatorischen Anforderungen kann hohe Busgelder und andere Strafen zur Folge haben. In den Unternehmen werden Kontrollen zur Einhaltung von gesetzlichen Auflagen haufig manuell und teilweise erst nach der Verletzung von Auflagen bzw. Berichterstattungspflichten durchgefuhrt. Als Folge daraus sind zum einen der Aufwand zur Sicherstellung der Compliance und zum anderen die Fehleranfalligkeit hoch. Zur Haftungsvermeidung ist es daher haufig effizienter, die Geschaftsprozesse (halb-) automatisiert zu uberwachen (sog. Monitoring), da so rechtzeitig korrektive Masnahmen eingeleitet werden konnen. Aus Sicht der Autoren dieses Beitrags stellt die BSC ein Erfolg versprechendes Managementinstrument zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und zur Vermeidung von Compliance-Verletzungen im Bereich des betrieblichen Umweltmanagements dar, insbesondere weil bei einer BSC im Gegensatz zu einem gewohnlichen Management-Reporting die Multiperspektivitat und die Ausgewogenheit der Kennzahlen zentrale Bestandteile des zu Grunde liegenden Konzepts sind. In diesem Beitrag wird daher die Konzeption und prototypische Umsetzung einer BSC fur ein Betriebliches Umweltinformationssystem (BUIS) zum Compliance Management beschrieben. Die Forschungsmethodik, die diesem Beitrag zu Grunde liegt, kann als Design ScienceForschung charakterisiert werden [HMPR04]: Aufbauend auf Literaturanalysen von Hilty und Rautenstrauch [HR97] sowie Rautenstrauch [Ra00] haben wir unsere Forschungsarbeit mit einer systematischen, quantitativen Literaturanalyse von 105 Beitragen aus dem Zeitraum von 2000 bis 2008 zum Thema BUIS begonnen. Forschungsbedarfe wurden hierbei insbesondere in den Bereichen der Referenzmodellierung und empirischen Forschung sowie in den Bereichen der Integration von BUIS mit operativen Systemen, der aktiven Nachhaltigkeitsberichterstattung (z.B. auf der Basis von Active Environmental Data Warehouses) sowie im Bereich des Compliance Managements mit BUIS identifiziert ([TS09], [TF09]). Derzeit erfolgt im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universitat Osnabruck die iterative Konstruktion von Referenzmodellen sowie die Konzeption und prototypische Implementierung eines Active Environmental Data Warehouses. Das Forschungsprojekt wird durch Experteninterviews sowie eine empirische Studie begleitet. Im Rahmen dieses Beitrags werden erste Ergebnisse der Entwicklung des Prototyps vorgestellt. Dieser Prototyp soll als Machbarkeitsstudie die Implementierbarkeit des Referenzmodells zeigen sowie im weiteren Verlauf der Forschung fur UsabilityExperimente herangezogen werden. Der vorliegende Beitrag ist wie folgt aufgebaut: In Abschnitt 2 werden mit den Perspektiven und Kennzahlen sowie der Strategy Map zunachst die Komponenten der umgesetzten BSC naher beschrieben. In Abschnitt 3 wird die Einordnung der erstellten BSC in ein Meta-Referenzmodell eines Betrieblichen Umweltinformationssystems (BUIS) zum Compliance Management erlautert. In Abschnitt 4 wird die Intergration der mit der Software BusinessNavigator prototypisch implementierten BSC in ein BUIS zum Compliance Management beschrieben. Der Beitrag endet in Abschnitt 5 mit einem Fazit und einem Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf. 2 Balanced Scorecard Die von Kaplan und Norton [KN03] entwickelte BSC stellt ein Kennzahlensystem dar, mit dessen Hilfe die Strategie und Vision eines Unternehmens in durch Kennzahlen uberprufbare Zielvorgaben uberfuhrt wird. Um die Ausgewogenheit des Kennzahlensystems zu gewahrleisten, betrachtet die BSC die unternehmerische Tatigkeit aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei werden jeder Perspektive konkrete Ziele, Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung mit entsprechenden Zielvorgaben sowie Masnahmen zur Erreichung der Ziele zugeordnet [FS04]. Die Ursache-WirkungsBeziehungen zwischen den unterschiedlichen Zielen konnen mit Hilfe einer Strategy Map modelliert werden. Die in diesem Beitrag vorgestellte BSC wird zunachst auf den Anwendungsbereich einer Umweltund Compliance-Abteilung begrenzt. Horvath & Partners, eine Managementberatung mit uber 200 durchgefuhrten BSC-Projekten sieht in dieser auf einen bestimmten Pilotbereich beschrankten Einfuhrung einer BSC folgende Vorteile gegenuber der alternativen ganzheitlichen Top-Down-Einfuhrung [HP07]: 1. Aufzeigen schneller Erfolge moglich, 2. Bei Erfolg hohere Akzeptanz fur eine umfassende Einfuhrung, 3. Bei Misserfolg reduziertes Projektrisiko, 4. Schneller Know-How-Transfer in die Organisation, 5. Bessere Einschatzung des Nutzens und der Eignung fur das Unternehmen sowie 6. Uberprufung des Projektdesigns moglich. Siepermann und Vockeroth [SV08] schlagen in ihrer Arbeit die Klassifikation von BSCs in intraorganisationale Mitarbeiter-, Unternehmensbereichsund Unternehmens-BSCs sowie interorganisationale Supply-Chain-BSCs vor. Da mit der Umweltund Compliance-Abteilung zunachst nur ein Teilbereich des Unternehmens abgebildet wird, ist die in dieser Arbeit vorgestellte BSC somit auf der Ebene der UnternehmensbereichsBSC einzuordnen.
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