Gesundheitskompetenz von Menschen mit und ohne Behinderung und chronischer Erkrankung in Deutschland: Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland Aktuell“ 2014/2015-EHIS

Hintergrund Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung sind eine Bevölkerungsgruppe in vulnerablen Lebenslagen, die häufig Schwierigkeiten beim Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Gesundheitsinformationen aufweisen. Ziel des Beitrags ist es, die Gesundheitskompetenz von Menschen mit doppelter Exposition (d. h. Behinderung und chronischer Erkrankung) im Vergleich zu Menschen mit einfacher Exposition (d. h. Behinderung oder chronischer Erkrankung) und Menschen ohne Beeinträchtigung, zu untersuchen. Material und Methoden Datenbasis ist der Survey „Gesundheit in Deutschland Aktuell“ 2014/2015-EHIS. Die Stichprobe umfasst n=21 647 Personen, mit 2875 (13,3%) Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung, 7598 Personen (35,1%) mit Behinderung oder chronischer Erkrankung sowie 11 174 (51,6%) Personen ohne Beeinträchtigung. Die Gesundheitskompetenz wurde mit dem HLS-EU-Q16-Fragebogen erhoben. Es wurden uni-, bi- und multivariate Analysen durchgeführt. Ergebnisse 43,7% der Befragten mit Behinderung und chronischer Erkrankung berichten sehr bzw. ziemliche Schwierigkeiten beim Umgang mit Gesundheitsinformationen im Vergleich zu 37,7% der Personen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung bzw. 33,0% ohne Beeinträchtigung. Menschen mit einer doppelten Exposition weisen eine 1,22-fach (KI: 1,10–1,35; p<0,001) und Menschen mit einer einfachen Exposition eine 1,08-fach (KI: 1,01–1,16; p=0,031) erhöhte Chance auf, es ziemlich bzw. sehr schwierig zu finden, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, verstehen, beurteilen und anzuwenden im Vergleich zu Menschen ohne Beeinträchtigung. Schlussfolgerung Die Ergebnisse verdeutlichen einen Gradienten in der Gesundheitskompetenz zu Ungunsten von Menschen mit Beeinträchtigung. Die Gesundheitskompetenz von Menschen mit Behinderung und/oder chronischen Erkrankung sollte zielgruppenspezifisch gefördert werden, um ihre Gesundheit, Teilhabe sowie die Qualität, Effizienz und den Abbau von Barrieren beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu unterstützen.

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