Eine ungewöhnliche Ursache von Kopfschmerzen unter Antikoagulation

Ein 72jähriger Patient wurde uns wegen seit einigen Stunden zunehmenden links-frontalen Kopfschmerzen mit Nausea und Erbrechen zugewiesen. Anamnestisch erwähnenswert sind ein seit 5 Jahren bekannter Diabetes mellitus Typ 2 sowie eine orale Antikoagulation mit Sintrom seit 10 Jahren wegen einer peripherarteriellen Verschlusskrankheit mit kritischer Durchblutung im Bereich des linken Unterschenkels. Bei Ankunft in unserer Notfallstation präsentierte sich der bewusstseinsklare und voll orientierte Patient in stark reduziertem Allgemeinzustand. Er war afebril und kreislaufmässig stabil mit einem Blutdruck von 193/107 mm Hg und einer Herzfrequenz von 80/min. In der neurologischen Untersuchung bestand eine Anisokorie mit links mittelweiter und rechts engstehender Pupille mit erhaltenen direkten und konsensuellen Lichtreflexen. Das Gesichtsfeld war in der digitalen Prüfung nicht beeinträchtigt. Die übrigen Hirnnerven inklusive Augenmotilität sowie der restliche Neurostatus waren unauffällig. Ein Meningismus fehlte. Das Notfalllabor zeigte eine INR von 2,2 unter Antikoagulation, eine Plasmaglukose von 11,4 mmol/l und ein leicht erhöhtes CRP von 11 mg/l (<5 mg/l). Die Elektrolyte (Na, K) lagen im Normbereich. Die notfallmässig durchgeführte Computertomographie des Schädels ergab im Bereich der Sella-Region links einen raumfordernden Prozess, am ehesten einem Hypophysentumor oder einem thrombosierten Aneurysma der linken A. carotis interna entsprechend. Es wurde eine Substitution mit Hydrocortison eingeleitet und die Antikoagulation wurde sistiert. Am nächsten Morgen klagte der Patient über Doppelbilder und es wurde eine OculomotoriusParese links diagnostiziert. Das noch gleichentags durchgeführte Schädel-MRI zeigte ein eingeblutetes Hypophysenadenom von 25 23 mm Grösse mit Infiltration in den linken Sinus cavernosus (Abb. 1). Die nachträglich erhaltenen Hormonwerte waren vereinbar mit einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz: Das Plasmakortisol war mit 89 nmol/l (normal: 170– 770 nmol/l) deutlich zu tief für die akute Stresssituation. Das Gesamttestosteron (0,3 nmol/l; normal 12–30 nmol/l) und das LH (<1 U/l; normal 2–9 U/l) waren ebenfalls erniedrigt und das FSH in der untersten Norm (2 U/l; normal: 2–11 UL). Die peripheren Schilddrüsenhormone lagen knapp unter der Norm (fT4 7 pmol/l; normal: 9–23 pmol/l) bei einem inadäquat nicht erhöhten TSH (3,5 mU/l; normal: 0,4–4,0 mU/l). Der «insulin-like growth factor 1» (IGF-1) als Parameter für die Wachstumshormonsekretion war ebenfalls erniedrigt (2,97 nmol/l; normal: 10,0–50,0 nmol/l). Das Prolaktin war mit 8 mg/l normal (3–17mg/l). Die Plasmaosmolalität wurde bei uns vor der Verlegung ins Zielspital nicht mehr bestimmt. Der Patient wurde noch gleichentags unter Substitution mit Hydrokortison in die neurochirurgische Klinik des Kantonsspitals St. Gallen zur transsphenoidalen Resektion des Hypophysenadenoms verlegt. Der intraoperative Situs zeigte wie erwartet ein eingeblutetes Hypophysenadenom, welches in mikrochirurgischer Technik vollständig reseziert werden konnte. Die histologische Untersuchung ergab ausgedehnte regressive und nekrotische Veränderungen eines überwiegend kleinzelligen, teils nekrotischen Hypophysenadenoms mit Eine ungewöhnliche Ursache von Kopfschmerzen unter Antikoagulation