Theorie und Praxis in der Open-Source-Produktentwicklung

Within the last decade numerous open source product development (OSPD) projects have emerged extending the concept of open source software in the world of tangible products. These projects are characterized by the free revealing of their product development information with the intention of stimulating community feedback, product replications and collaborative development. Based on empirical data acquired from 76 projects, this contribution characterizes how OSPD projects use the public space offered by the internet and the existing online sharing platforms to stimulate attention and contributions from product development communities. It particularly focusses on the identification of gaps between actual practices and generally acknowledged best practices. On the one hand, the identified gaps allow deriving conclusions on the current state of development of OSPD. On the other hand, this indicates a general heterogeneity in the approaches followed by OSPD projects which is discussed. Definition der Open-Source-Produktentwicklung Open-Source-Produktentwicklung bezeichnet ein gegen Ende der letzten Dekade aufgekommenes (vgl. [1]) globales Praxisphänomen, welches auf dem Entwicklungsmodell der Open-SourceSoftware (OSS) beruht und durch eine wachsende Anzahl von Projekten stetig vorangetrieben wird. Im Forschungsfeld der Open-Source-Innovation (OSI) besteht bereits eine Basis definitorischer Einordnungen des Phänomens, auf die im Folgenden eingegangen wird. Huizingh [2] grenzt aus unternehmensorientierter Sicht wesentliche Ausprägungen offener Innovation ab: Ausgehend von der Closed Innovation bezogen auf Entwicklungsprozesse und deren Outputs konstituiert die Öffnung der Prozesse zum einen sog. private, offene Innovation; die Öffnung des Outputs/Innovationsobjekts hingegen öffentliche Innovation; und erst die Öffnung beider OSI. Das zugrundeliegende Konzept der Offenheit (engl. Openness) wird als ein graduelles Kontinuum der Öffnung aufgefasst. Aus aktivitätsorientierter Sichtweise wird zwischen in die Organisation 96 1. interdisziplinäre Konferenz zur Zukunft der Wertschöpfung hinein-, herausreichenden sowie verbindenden Aktivitäten unterschieden, welche entweder auf monetärer oder nicht-monetärer Interaktion basieren. In der wissenschaftlichen Literatur wird OSI als freie Offenlegung von Informationen zur kollaborativen Entwicklung eines Designs definiert [3]. Im Rahmen der OSI grenzen Raasch und Herstatt [4] ferner Open (Produkt-)Design physischer/materieller Artefakte von Open Content in digitaler/immaterieller Form nach der ultimativen Bestimmung des Innovationsobjekts ab. Ersteres bezieht somit Objekte vom Automobil über das Fahrrad bis hin zu elektronischer Hardware mit ein. Für Letzteres werden hingegen öffentliche Kulturgüter und freie Wissenschaft angeführt, wonach ergänzend Open Content ebenso in analoger Form vorliegt. Der Begriff Artefakt wird der von Fjeldsted et al. [5] angestellten Beobachtung gerecht, dass die Entwicklung unfertiger Produkte zur flexiblen Weiterverwendung eine valide OSPE-Strategie darstellt. Da Open Content im Open Design eingebettet ist, werden die Grenzen der beiden Formen der OSI als fließend beschrieben. In der Praxis werden hingegen Open-Source-Software und Open-Source-Hardware (OSH) als zwei Ausprägungen der OSI unterschieden. Der Begriff Open-Source-Hardware bezieht sich historisch zwar auf elektronische Hardware, umschreibt aber mittlerweile auch andere physische Objekte, wie mechanische oder mechatronische Produkte. Eine von der Open Source Hardware Association (OSHWA) aufgestellte Definition der OSH, welche von der allgemein anerkannten Open-Source-Definition der Open Source Initiative [6] abgeleitet wurde, lautet: “Open-SourceHardware (OSHW) ist ein Begriff für objekthafte Artefakte – Maschinen, Geräte oder andere physische Gegenstände – mit offen zugänglich gemachten Bauplänen, die jede und jeder studieren, verändern, weiterverbreiten und nutzen kann.” [7]. Diese Definition bezieht sich auf die vier Kernprinzipien des Open-Source-Konzepts: das Recht für jedermann zur Nutzung, zum Studium, zum Verändern und zum Verbreiten von Objekten [8]. Im Gegensatz zur OSS, bei welcher bekannt ist, was genutzt, studiert, verändert und verbreitet wird (der Quellcode), präzisiert die Definition der OSHWA nicht, welche Informationen damit konkret gemeint sind und lässt dadurch viel Deutungsspielraum zu. In Bezug auf diese Interpretationsfreiheit des Konzepts der Offenheit zeigen Balka et al. [9], dass es als graduell, kontextbezogen sowie multidimensional aufzufassen ist. Hierzu liefern sie empirische Hinweise für die Relevanz der drei folgenden produktbezogenen Aspekte im Open Design: Die inhaltliche Transparenz der offengelegten Informationen zur Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit, die öffentliche Zugänglichkeit der Produktentwicklungsumgebung zur Mitwirkung jedermanns im Entwicklungsprozess und die Reproduzierbarkeit des finalen Produktes durch Verfügbarkeit von Bauteilen und Anleitungen. Hierzu vergleichen sie die drei Aspekte jeweils anhand der komponentenweisen Offenbzw. Nichtoffenlegung, was als „open parts“-Strategie bezeichnet wird. Je nach Ziel und Zweck stellt neben dem Umfang ebenfalls die Art der Veröffentlichung von produktbezogenen Informationen im Zuge der Lizenzierung eine weitere bedeutsame Stellschraube dar, welche Balka et al. (ebd.) als „partly open“-Strategie benennen. Auch in der Praxis wurde bereits die Frage nach Art und Umfang der zu veröffentlichenden Informationen aufgegriffen, welche ein Open-Source-Produkt ausmachen. Die von der OSHWA herausgegebenen „Best Practices for Open-Source-Hardware“ [10] legen fest, dass die Veröffentlichung von technischen Zeichnungen eines Produktes (in Form von CAD-Dateien des physischen Produktes) eine Mindestvoraussetzung darstellt. Darüber hinaus ist es indes je nach Interessenlage sinnvoll, weitere Informationen bereitzustellen, wie Stücklisten oder Montageanleitungen. Die entwickelten Best Practices der OSHWA sind konkreter und nähern sich der Definition von Balka et al. (ebd.) an, indem sie Art und Umfang der zu veröffentlichenden Inhalte näher spezifizieren.