Theorie der vielfachen Kontinuität

Wenn man die gegenseitige Abhangigkeit zweier Variabeln zur lebhaften Anschauung bringen will, so bedient man sich haufig der ebenen Kurven, indem man jene zwei Variabeln als rechtwinklige Koordinaten setzt, und baut so auf die geometrische Anschauung eine Reihe von Schlussen, deren letztes Ergebnis eine rein analytische Bedeutung hat. Es wird wohl niemand es bestreiten, dass ein solches Verfahren eben so sicher sein kann, als ein rein analytisches, welches sorgfaltig alle der Geometrie entlehnten Ausdrucke vermeidet, und dass in beiden eigentlich dieselben Dinge, nur in anderer Sprache, dargestellt werden; denn es ist gewiss ganz dasselbe, ob man die Funktionsweise, in der zwei Variabein von einander abhangen, unmittelbar anschaut, oder erst, indem man mit den Augen den Lauf einer gezeichneten Kurve verfolgt. Das durch geometrische Anschauung vermittelte Verfahren hat freilich den Vorzug der leichtern, auch dem Unvorbereiteten sogleich verstandlichen Sprache, und kann daher fur die populare Darstellung nur empfohlen werden. Wenn aber die Zahl der in gegenseitiger Abhangigkeit stehenden Variabein uber drei hinausgeht, so bleibt die bequeme Nachhulfe der geometrischen Anschauung und Ausdrucksweise zuruck; aber sollte es wohl darum der Analysis versagt sein, aus eigenen Mitteln diesen fuhlbaren Mangel zu ersetzen und sich einen Vorrat von Anschauungen und Bezeichnungen anzulegen, worin sie dieselbe leichte Uebersicht der Funktionsweisen und ihrer singularen Eigenschaften wiederfindet, welche sie vorher von der Geometrie entlehnte? Als einen Versuch, nach dieser Seite hin eine neue Bahn in der Analysis zu eroffnen, mochte ich gegenwartige Abhandlung dem nachsichtigen Urteile des geneigten Lesers ubergeben.