Über Parallaktoskopie

Zusammenfassung1.Es wird eine Vorrichtung angegeben — als „Parallaktoskcop“ bezeichnet -, welche einen bequemen Vergleich der Tiefenlokalisation beim Sehen mit beiden wie mit einem einzelnen Auge sowohl bei Ruhe als auch speziell bei willkürlicher rhythmischer Bewegung des Kopfes senkrecht zur Richtung der gebotenen Konturen gestaltet. Dabei läßt sich dieser Vergleich zahlenmäßig charakterisieren. Die planmäßigen Beobachtungen ergaben, daß der normal binokular Sehende bei Vertikalstellung drei gesondert der Tiefe nach verschiebliche Gruppen paralleler Drähte (von verschiedenem, gegenseitigem Abstand, verschiedener Stärke und Farbe mit Abblendung der Enden) schon bei Ruhe von Kopf und Blick mit größter Genauigkeit in eine frontoparallele Ebene einstellt und Bewegung das Ergebnis nicht nennenswert verbessert. Hingegen ist bei unokularem ruhendem Sehen die Einstellung nur grob und unsicher möglich; wohl aber erfolgt sie weitgehend sicher und bestimmt bei Pendeln des Kopfes in horizontaler Ebene, also bei Horizontal-Parallaktoskopie vertikaler Konturen. Im Gegensatze dazu versagt beiHorizontalstellnng der Drähte nicht bloß der Unokular-,sondern auch der Binokularsehende, solange er den Kopf ruhig hält. Wohl aber wird eine brauchbare Einstellung erreicht bei Zuhilfenahme von Kopfpendeln in vertikaler Richtung, also bei Erzeugung von Vertikal-Parallaktoskopie horizonztaler Konturen. Gewisse Lokalisationsbehelfewie speziell unwillkürliches Schwanken von Blick und Kopf und kleine Ungleichmäßigkeiten der farbig angestrichenen horizontalen Drähte, welche in beiden Augen querdisparat abgebildet werden und dadurch eine gewisse binokulare Stereoskopie auslösen — können das geschilderte Versagen einigermaßen verdecken und die Schwankungsgrenzen, wie sie sich ohne beabsichtigte Stereoskopie und ohne beabsichtigte Parallaktoskopie ergeben, einengen.2.Die geschilderte Parallaktoskopie auf Grund von Scheinbewegung hat für die räumliche Orientierung erheblich größere Bedeutung, als gemeiniglich angenommen wird. So tragen schon die Pendel- und Wippbewegungen des Kopfes beim Gehen besonders im coupierten Terrain, noch mehr die Abbildungsparallaxen, wie sie sich für die Eindrücke in den unokularen Planken des Gesichtsfeldes bei passiver Fortbewegung des Beobachters im Auto oder Flugzeug ergeben, wesentlich zur Tiefenlokalisation bei, und zwar auf Grund von Bewegungs-Parallaktoskopie, welche — im Gegensatze zur binokularen Stereoskopie — ebenso gut für horizontale als für vertikale Konturen besteht. Die parallaktoskopische Leistung sollte für solche Betätigungen des Normalen systematisch geprüft und geübt werden. Auch sollen Schielende oder Einäugige auf die Verwertung parallaktoskopischer Hilfen hingewiesen werden.