Fundierung der Netzwerkperspektive durch die Habitus und Feldtheorie von Pierre Bourdieu

Netzwerke nehmen eine Vermittlungsposition zwischen Mikro- und Makroebene ein, denn was wir als gesellschaftliche Realitat wahrnehmen, spielt sich in Netzwerken oder durch Netzwerke ab. Ein wesentliches Problem in der Netzwerkforschung besteht bisher jedoch darin, dass soziale Netzwerke ofensichtlich uber Strukturen verfugen, die zwar mit dem netzwerkanalytischen Instrumentarium adaquat beschrieben werden konnen, soziale Strukturen aber mehr umfassen als mit manifesten Interaktionsbeziehungen erfasst wird. Das heist, dass die netzwerkanalytische Forschung zwar einen wichtigen Aspekt sozialer Strukturen erfasst, die Mikro- Makro-Problematik allerdings uber soziale Beziehungsnetzwerke hinaus weist. Vor diesem Hintergrund ist das Ziel unseres Beitrages, die Netzwerkforschung starker theoretisch zu fundieren und damit eine Grundlage fur die gleichzeitige Berucksichtigung von Makro- und Mikroebene bei der Erklarung sozialen Handelns zu schaffen. Dazu verknupfen wir Bourdieus Habitus- und Feldtheorie mit den Grundannahmen der Netzwerkforschung. Durch diese Verknupfung wird es moglich, Netzwerkstrukturen als Muster sozialer Praktiken zu beschreiben, die durch mikro- und makrostrukturelle Merkmale wechselseitig hervorgebracht und beeinflusst werden. Mit Hilfe der egozentrierten Netzwerkanalyse konnten wir das geschaffene theoretische Fundament empirisch validieren. Im Zentrum der empirischen Untersuchung des Zusammenhangs von Habitus und Netzwerkstruktur stand die kombinierte Erhebung von Milieuzugehorigkeit, Gesellungsstilen und egozentrierten Netzwerken. Im Ergebnis zeigt sich, dass ein Grosteil der Netzwerkstrukturmerkmale eng mit Habitusmerkmalen (Milieu und Gesellungsstil) verbunden sind. Die theoretische Verknupfung von Habitus/ Feldtheorie und der Netzwerkanalyse und deren empirische Validierung liefert uns einerseits ein theoretisches Fundament fur die Netzwerkforschung, andererseits eine Grundlage zur weiteren empirischen Erforschung des wechselseitigen Zusammenhanges von Makro- und Mikroebene bzw. Habitus und Netzwerken.

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