Die Anfänge der historischen Methoden-Reflexion in der italienischen Renaissance und ihre Aufnahme in der Geschichtsschreibung des deutschen Humanismus

Daß Wissenschaft (im neuzeitlichen Sinn) und Methode nidit von einander getrennt werden können, wird heute wohl von keiner Seite bezweifelt. Sdion Descartes wies in einer seiner bekanntesten Schriften auf diesen Tatbestand hin, im „Discours de la methode". Er erläuterte selbst im Untertitel den Zweck seiner Abhandlung: „um den Verstand auf den rechten Weg zu leiten und um in den Wissenschaften die Wahrheit ausfindig zu madien'." Was hier unter „Wahrheit" verstanden wird, ist die in rationaler Weise eruierte, kritisch geprüfte, für jedermann prinzipiell nadivollziehbare und daher audi für jedermann verbindliche Erkenntnis — eben wissenschaftliche Erkenntnis. Sie ist abzugrenzen von bloßem Fürwahrhalten, privater Meinung, persönlidier Intuition, mythisdier Wesensschau und gläubig hingenommener fremder Autorität. Und der allein sichere Weg zu solcher Erkenntnis — das ist nach allgemeiner Überzeugung: wissenschaftliche Methode. Die Zeitungen hämmern uns ein, daß wir in einer „verwissenschaftlichten Welt" leben. Dennoch ist das Selbstverständnis vieler Disziplinen, namentlich im Kreise der Geisteswissenschaften, olfenkundig in eine Krise geraten. Als Antwort auf diese beunruhigende Situation vernimmt man allenthalben den Appell: Mehr Methoden-Reflexion! Die Forderung ist nicht neu, aber neu artikuliert. Das Wort „Methode" gewinnt dabei einen erheblich ausgeweiteten Sinn. Von einer gesteigerten Methoden-Reflexion erwartet man jene kritische Selbstvergewisserung über das eigene Tun, die schon immer notwendig war, gegenwärtig aber als besonders dringendes Gebot der Stunde erscheint.