Kollisionserkennung und -vermeidung auf Binnenwasserstraßen

In dieser Arbeit werden Werkzeuge entwickelt, die die Sicherheit des Transportweges Binnenwasserstrase erhohen, ohne dabei deren Transportkapazitat einzuschranken. Dafur wird zunachst die Binnenschifffahrt mit ihren existierenden Einrichtungen erklart, bevor zwei Varianten zur Verhinderung von Kollisionen vorgestellt werden, die die Sicherheit auf Binnenwasserstrasen erhohen. Unter der Annahme, dass alle Schiffe mit einem integrierten Navigationssystem mit automatischer Bahnfuhrung ausgestattet sind, wurde eine zentrale Uberwachungsstation fur Engstellen entwickelt. Diese Uberwachungsstation berechnet fur alle ankommenden Schiffe konfliktfreie Leitlinien, die den Schiffen als Referenzbahnen fur die Bahnfuhrung ubermittelt werden. Dafur wird der Fluss in Fahrspuren unterteilt, die den Schiffen zugewiesen werden konnen. Diese Fahrspuren werden so erstellt, dass zwei Schiffe nicht kollidieren, wenn sie sich auf unterschiedlichen Fahrspuren begegnen. An definierten Stellen konnen mehrere Fahrspuren vereinigt bzw. eine Fahrspur in verschiedene Fahrspuren aufgeteilt werden. Eine Abstraktion des so aufgeteilten Flussabschnitts in Form eines Graphen ermoglicht die Erstellung eines linearen ganzzahligen Optimierungsproblems zur Berechnung kollisionsfreier Fahrspuren fur die einzelnen Schiffe mit Hilfe der Theorie der Netzwerkflusse. Die mogliche zeitlich getrennte Befahrung derselben Fahrspur durch unterschiedliche Schiffe wird durch die Einfuhrung einer Zeitdimension des Graphen erreicht. Knoten- und Kantennebenbedingungen garantieren Konfliktfreiheit der berechneten Fahrspuren. Die Losung des Optimierungsproblems erfolgt fur typische Problemgrosen innerhalb einer Sekunde auf Standard PC-Hardware. Neben dieser Art von Kollisionsvermeidung auf Verkehrsfuhrungsebene wurde ein Modul zur Kollisionserkennung und -vermeidung als Teil des integrierten Navigationssystems auf Schiffsfuhrungsebene entwickelt. Die Analyse der mit AIS-Daten fusionierten Radarobjektverfolgung zeigt, dass eine Vorwartsintegration eines kinematischen Einpunktmodells aufgrund der grosen Anfangsunsicherheit keine sinnvolle Pradiktion der Position und Lage anderer Verkehrsteilnehmer erlaubt. Die fehlende Information uber den Flussverlauf fuhrt auserdem dazu, dass derart generierte Pradiktionen nach kurzer Zeit den Fluss verlassen. Zur Verbesserung der Pradiktion werden deshalb Informationen uber typische Fahrrouten in Form von Leitlinien in die Pradiktion eingespeist. Abhangig vom Typ und Zustand des Schiffes geschieht dies an unterschiedlicher Stelle im Pradiktionsmodell. Auf Basis dieser Pradiktionen werden sogenannte Begegnungsbereiche fur die Verkehrsteilnehmer berechnet. Sie bezeichnen Gebiete auf dem Fluss, die von den Verkehrsteilnehmern eingenommen werden, wahrend sich diese auf gleicher Hohe mit dem eigenen Schiff befinden. Werden die Ausmase des eigenen Schiffes auf diese Begegnungsbereiche projiziert, so entstehen Bereiche, die vom als Punkt betrachteten eigenen Schiff umfahren werden mussen. Zur Berechnung kollisionsfreier Bahnen auf Basis der Begegnungsbereiche optimierungsbasierte Ansatze mit dem sogenannten Sollwertfiltermodell eingesetzt. Das Sollwertfiltermodell berechnet aus sprungformigen Sollquerabstanden zur Leitlinie fahrbare gefilterte Querabstande, die uber eine Addition zur Leitlinie eine neue Bahn ergeben. Die Beschrankung auf eine geringe Anzahl neuer Sollquerabstande als Optimierungsvariablen eines nichtlinearen Optimierungsproblems fuhrt dazu, dass die als Losung berechneten Ausweichmanover von anderen Schiffsfuhrern als solche erkannt werden konnen. Die Einfuhrung variabler Zeitpunkte erlaubt eine grosere Zahl losbarer Probleme. Eine weitere optimierungsbasierte Variante zur Berechnung von Ausweichbahnen nutzt das Nomoto-Modell mit Driftdynamik. Diese Strategie besitzt eine grosere Zahl von Freiheitsgraden und ermoglicht dadurch die Berechnung von kollisionsfreien Bahnen auch in den Fallen, in denen extreme Manover gefahren werden mussen. Die Implementierung der verschiedenen Ausweichvarianten im integrierten Navigationssystem unter Zuhilfenahme der Optimierungswerkzeuge "Ipopt" und "NOMAD" zeigt, dass eine Losung der Optimierungsprobleme fur typische Ausweichszenarien innerhalb einer Sekunde berechnet wird. Die Kollisionsvermeidung auf Verkehrsfuhrungsebene mit Hilfe einer Uberwachungsstation wurde erfolgreich mit der Flusssimulation "Virtuelle Wasserstrase" getestet. Das Modul zur Erkennung und Vermeidung von Kollisionen auf Schiffsfuhrungsebene ist Bestandteil des integrierten Navigationssystems des ISYS. Es wurde auf dem institutseigenen Forschungsschiff bei zahlreichen Testfahrten erfolgreich erprobt. In this work tools are developed that increase safety of inland waterway transport without jeopardizing transport capacity. In order to achieve this, two different collision avoidance methods are presented after introducing the general properties of inland navigation. Under the assumption that all vessels are equipped with an integrated navigation system with automatic track-keeping, a central monitoring station for narrow river stretches is developed. This monitoring station calculates conflict-free guiding lines for vessels entering a monitored river stretch that are then transmitted to the vessels as reference tracks for automatic track-keeping. In order to do that, the river is divided into lanes that can be assigned to the vessels. These lanes are constructed in such a way that two vessels do not collide if they meet on different lanes. Lanes can merge and separate at specific locations. An abstraction of these lanes in the form of a graph allows for the generation of a linear integer programming problem for the assignment of lanes by using network flows. The introduction of a time dimension for the graph enables the use of the same lane by different vessels at different times. Node and arc constraints guarantee that the assigned lanes are conflict-free. The optimization problem can be solved within one second on standard PC hardware for typical problem sizes. Apart from this collision avoidance tool on the level of traffic guidance a module for collision detection and avoidance as part of the integrated navigation system on the level of vessel guidance has been developed. The analysis of the radar object tracker data fused with AIS data shows that the forward integration of a one-point model does not lead to satisfactory prediction results due to large initial uncertainty. The missing information about the river geometry also results in predictions for the position that leave the river. In order to improve the prediction quality, information about typical navigational routes in the form of guiding lines are fed into the prediction model. The way of feeding the data into the model depends on the type of vessel and its dynamic state. This prediction method is used in order to compute ranges of encounter, areas occupied by other vessels while traveling next to our own vessel. The dimensions of our own vessel are projected onto these ranges of encounter such that collision-free paths can be computed for one point on our ship by avoiding these ranges of encounter. Optimization-based approaches with a setpoint filter model are used to compute collision-free paths. The setpoint filter model calculates filtered lateral offsets from offset inputs that lead to navigable paths by adding the filtered lateral offsets to the guiding line. The restriction to a low number of new offsets as optimization variables in a nonlinear optimization problem ensures that the solution results in an avoidance path that can be recognized by other skippers. The introduction of variable offset times increases the number of solvable problems. Another optimization-based method uses the Nomoto model with drift dynamics. This strategy exhibits a larger number of degrees of freedom and can therefore also be applied to cases that require extreme avoidance maneuvers. The implementation of the various avoidance methods using the nonlinear optimization tools "Ipopt" and "NOMAD" shows that solutions are calculated within one second for typical problem sizes. The collision avoidance tool on the traffic guidance level has successfully been tested using the river simulator "Virtual Waterway". The module for collision detection and avoidance on the vessel guidance level is part of the integrated navigation system at ISYS. It has been tested successfully on numerous journeys with the institute's research vessel.