Automatische Texterzeugung ohne kognitive Modelle. Zum Beispiel Fernsehnachrichten

"Der Reiz der Neuheit fiel nach und nach von ihr ab wie ein Kleid, und zum Vorschein kam in seiner ganzen Blose das ewige Einerlei der Leidenschaft, die immerfort die gleichen Formen und die gleiche Sprache hat." ([Flaubert 1959]:248) aus. So konnte es scheinen, als musse man zur maschinellen Simulation menschlicher Textproduktion zunachst alle (oder doch die wichtigsten) Eigenschaften kognitiver Intelligenz beschreiben konnen, um sie dann technisch nachzubauen. Vorerst behilft man sich gewohnlich mit sehr strikten Einschrankungen aller Art (sei es der Syntax, der Lexik, der Pragmatik, sei es vor allem auch des Diskursbereiches) und hofft auf zukunftige Erweiterungen und Verallgemeinerbarkeit. Freilich werden menschliche Texte nicht seiten sehr routiniert3 verfast. Man denke etwa an Formulare und deren Ausfullung, formelle Hoflichkeitsbesuche, smalltalk auf Parties, Gottesdienste und ahnliche Rituale kurzum an all das, was ([Schleiermacher 1977]/:82) zufolge "einen Nullwert" fur die Auslegekunst hat4. Phantasielose Wiederholung dient dann kommunikativer Okonomie. In welcher Weise solche Texte aus vorformulierten, oftmals zuvor in gleicher Weise verwendeten Floskeln bestehen, wird etwa durch Briefsteller aller Art anschaulich illustriert. Naturlich haben derartige sprachliche Fertigund Halbfertigprodukte sowie die Regeln ihrer Zusammenstellung eine komplizierte kulturelle Vorgeschichte hinter sich. Fur die aktuelle Textproduktion aber spielt sie, weder technisch noch gewohnlich im Bewustsein der Sprecher/ Schreiber, eine Rolle. Je stereotyper die Texterzeugung im Alltag vonstatten geht, desto weniger theoretischer und technischer Aufwand braucht bei der maschinellen Simulation betrieben zu werden. Die maschinelle Formulierung etwa der Antwort bei telefonischer Fahrplanauskunft (im Gegensatz zum Verstandnis der Frage und zur Auswahl der relevanten Daten) kann schadlos mit einer Menge vorgefertigter, unveranderlicher Textstucke operieren. Zusammenfassung

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