Sandwichstrukturen mit Wabenkern: Experimentelle und numerische Analyse des Schädigungsverhaltens unter statischer und kurzzeitdynamischer Belastung

Sandwichstrukturen mit einem Wabenkern und Faserverbund-Deckschichten finden aufgrund ihres hohen Leichtbaupotenzials zunehmend Verwendung in zahlreichen Konstruktionen, in denen eine Gewichtsersparnis angestrebt wird – allen voran im Flugzeugbau. Im gleichen Zuge werden in der Produktentwicklung aus Effizienzgrunden verstarkt numerische Simulationsrechnungen auf Basis der Finite-Elemente- Methode verwendet, um Bauteile fur statische oder kurzzeitdynamische Belastungen wie Crash- oder Impact-Belastungen auszulegen. Die nichtlineare Materialmodellierung derartiger inhomogener Sandwichstrukturen stellt aufgrund einer Vielzahl moglicher Versagensarten eine komplexe Aufgabe dar. Da gerade auch im Fall von kurzzeitdynamischen Belastungen, bei denen Dehnrateneffekte eine Rolle spielen konnen, wenig Kenntnis bezuglich des Materialverhaltens besteht, setzt die vorliegende Arbeit an dieser Stelle an, um das Schadigungsverhalten von Sandwichstrukturen im Flugzeugbau experimentell zu erfassen und geeignete Modellierungsmethoden in der kommerziellen expliziten Berechnungssoftware LS-DYNA zu entwickeln. Neben den im Luftfahrtbereich etablierten Nomex®-Honigwaben wurden auch neuartige Faltwaben untersucht, wobei zunachst das mechanische Verhalten beider Wabentypen unter quasi-statischen und hochdynamischen Lastraten charakterisiert wurde. Neben der experimentellen Bestimmung der Materialeigenschaften wurden alternativ analytische und numerische Methoden angewendet. Insbesondere die virtuellen Werkstoffprufungen mittels dynamischer Simulationen und Mesomodellen zeigten dabei das Potenzial, auf effiziente Weise und mit einer hohen Ergebnisgenauigkeit das mechanische Verhalten von Wabenkernen vorherzusagen. Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die Untersuchung der in der Passagierkabine verwendeten Sandwichstrukturen, welche aus Brandschutzgrunden mit Deckschichten aus glasfaserverstarkten Phenoplasten ausgefuhrt sind. In Versuchsreihen wurden der Dehnrateneffekt des Deckschichtmaterials, die Festigkeit der Kern- Deckschicht-Verklebung, der Einfluss des Herstellverfahrens auf die mechanischen Eigenschaften sowie die Versagensarten unter ebener und transversaler Belastung untersucht und in numerischen Modellen abgebildet. Da insbesondere Lasteinleitungs- und Verbindungsstellen potenzielle Versagensstellen von Konstruktionen in Sandwichbauweise sein konnen, wurde das Schadigungsverhalten von unterschiedlichen Kanten- und Insert-Verbindungen experimentell untersucht. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden Modellierungsmethoden entwickelt, die eine Abbildung des Versagensverhaltens ermoglichen. Im Rahmen der Versuchsreihen stellte sich ein transversales Kernschubversagen als eine dominierende Schadigungsart heraus. Da unter Verwendung einer Schalenmodellierung fur die Sandwichstruktur in der Berechnungssoftware LS-DYNA kein Materialmodell fur den Wabenkern existiert, welches ein solches Versagen abbilden kann, wurde hierfur ein benutzerdefiniertes orthotropes Werkstoffgesetz entwickelt. Neben dem Transversalschubversagen wurden hierin auch die weiteren in dieser Arbeit ermittelten Charakteristika von Wabenkernen wie ein nichtlineares Nachversagensverhalten oder ein Dehnrateneffekt implementiert. In dieser Arbeit wurden zahlreiche neue Erkenntnisse zum einen hinsichtlich des Materialverhaltens der untersuchten Sandwichstrukturen und zum anderen hinsichtlich der Modellierungsmethoden gewonnen. Diese Erkenntnisse lassen sich fur eine Vielzahl unterschiedlicher nichtlinearer Problemstellungen bei Sandwichstrukturen in der Luftfahrt einsetzen und finden innerhalb dieser Arbeit in drei exemplarischen kurzzeitdynamischen Lastfallen Anwendung: die Simulation von Kabinenkomponenten bei einer harten Landung, die Impact-Belastung einer Faltwaben-Sandwichstruktur sowie die Crashsimulation eines Rumpfsegments in Sandwichbauweise.