Die Entstehung der Reiternomaden

Schon am Ende des 13. Jahrhunderts entwickelte Rasïd ad Din in seiner großangelegten Weltgeschichte eine These, hinter der zweifellos die bitteren Erfahrungen mit den mongolischen Eroberern stehen: Die kriegerischen Nomaden — als deren Stammvater Japhet betrachtet wird — seien zur Weltherrschaft berufen. Der notwendige Unterbau müsse aber durch die Kulturleistung der fleißigen seßhaften Nachkommen Sems geschaffen werden — unter denen man sich damals die Träger des Islams vorstellte (vgl. Jettmar, 1964). Das 19. Jahrhunder t stand zwar nicht mehr unter dem unmittelbaren Eindruck der nomadischen Steppenreiter und ihrer Einfälle, aber die Obersetzungsarbeiten f ranzösischer Jesuiten hatten seit dem 17. Jahrhunder t ein ungeheuerliches Panorama nomadischer Macht und Herrlichkeit entrollt. Noch immer herrschten die Mandschu über China, deren Kaiser sich als Nachfolger £>5cÄt«gi5 Khans fühlte. So ist es kein Wunder, daß Ratzel die These vertrat, die Großstaaten der Alten Welt seien von kriegerischen Viehzüchtern geschaffen worden, die friedliche Bauern überlagerten und organisierten. Sie ist später in die „Kulturkreislehre" eingebaut worden. Als deren Bestandteil ha t sie so manchem Kulturphilosophen — etwa Riistow — eingeleuchtet (vgl. Mühlmann, 1964). Diese scheinbar so fundierte Lösung ha t dennoch dem Anwachsen unserer archäologischen Kenntnisse nicht standgehalten. Es ist zwar durchaus möglich, daß das Hir tennomadentum ebenso alt oder sogar älter ist als der Bodenbau. Die steile Entwicklung zum Stadtstaat t rat jedoch innerhalb komplexer neolithischer Kulturen (mit Feldbau u n d Viehzucht) ein und wurde durch eine andere Dynamik bestimmt. Hohe Organisationsleistungen können nicht nur beim Nomadisieren, sondern auch bei der Anlage von Bewässerungssystemen erforderlich werden. Im Gegenteil, man muß heute vermuten, der Aufstieg in bestimmten Agrarzentren, die Bildung von Staaten mit kompliziertem Verwaltungsapparat und zahlreicher Priesterschaft sei nur möglich gewesen, weil die später chronische Belästigung durch „reine" Hir ten entweder fehlte oder zumindest viel geringer war. Sucht man da fü r eine Erklärung, so stößt man zunächst auf die Tatsache, daß eine geringere Größe der Herden ein Bewegen auf relativ beschränktem Raum erlaubte. Es lag daher nahe, feste Stützpunkte zu bewahren. Ferner fehlte es an leichtem und doch effektivem Gerät, das eben erst mit der größeren Verbreitung von Metallwerkzeugen greifbar wurde. Die Abwehr von Raubtieren war unvergleichlich schwieriger. Vor der Anlage von Brunnen blieb der Weg in die Tiefe der Steppe versperrt. Die Seßhaften