Informatische Bildung mit Mobiltelefonen? Ein Forschungsbericht
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Die Bildungsstandards für Informatik sind nicht mit dem Ziel geschaffen worden, dass nach ihnen Informatikunterricht gestaltet werden kann, im Gegenteil, die Standards »müssen [. . . ] im Schulalltag noch mit Leben gefüllt werden« bzw. »Unterrichtssequenzen in Bezug zu den Standards gesetzt werden«, um »Beispiele guten, an Bildungsstandards orientierten Unterrichts [zu sammeln]« [GI08, S. VII]. Dieser Beitrag zeigt auf, dass basierend auf den Grundsätzen der Chancengleichheit und in Bezug zu gegenwärtigen und zukünftigen Lebenssituationen der Schülerinnen und Schüler, »nicht nur die Informatiksysteme PC und Internet in den Blick genommen werden [müssen]« [GI08, S. 5], sondern auch und gerade mit Mobiltelefonen standardkonformer Unterricht gestaltet werden kann. An der Willy-Brandt-Gesamtschule Bergkamen wurde im Schuljahr 2007/2008 ein bisher wohl einzigartiges Projekt gestartet. Seit diesem Schuljahr arbeitet ein kompletter Informatikgrundkurs in der Oberstufe durchgängig mit Mobiltelefonen als Informatiksystem. Der Erfolg dieses Projektes wird anhand erster Interviews näher untersucht und gleichzeitig werden Beispiele vorgestellt, die dazu anregen sollen, selbst einmal ein solches Experiment durchzuführen. Einer dieser Vorschläge stellt mit PyObjVG eine neue Erweiterung der Stifte-und-Mäuse-Bibliothek vor, welche einen einfachen Zugang zur objektorientierten Programmierung anhand von Visualierungen von Vektorgrafiken ermöglicht. 1 Mobiltelefon vs. Computer – Ein erster Vergleich In Form eines Werkzeuges wird der Computer in vielen Fächern genutzt, z. B. zur Erstellung digitaler Präsentationen. Die Nutzung von Textverarbeitungsprogrammen in Deutsch oder Englisch wird ergänzt mit der Nutzung von Tabellenkalkulationen zur Visualisierung von Zusammenhängen in der Mathematik oder den Naturwissenschaften. Zusammen mit dem Internet als das neue Medium kann man diesen Einsatz durchaus kritisch betrachten, doch in diesem Zusammenhang viel wichtiger ist die Frage, mit welchem Ziel der Computer in der Informatik benutzt wird. Im ersten Moment scheint die Frage leicht zu beantworten, daher soll sie etwas präzisiert und in der Perspektive leicht verändert werden. Für welche Zwecke ist der Einsatz eines Computers im Informatikunterricht zwingend notwendig und kann nicht durch ein anderes Informatiksystem ersetzt werden? Diese Frage ist wesentlich schwerer zu beantworten, betrachtet man die Konsequenzen, die der Computereinsatz mit sich bringt, so wird einem deutlich bewusst, dass die Suche nach einer Antwort für die unterrichtliche Praxis nicht unwichtig ist. Der wohl wichtigste Punkt sind die Kosten in der Anschaffung und Wartung von stationären oder mobilen Computern. Da diese nicht unerheblich sind, erscheint es selbstverständlich, dass nicht jeder Schüler bzw. jede Schülerin mit einem solchen Gerät ausgestattet werden kann, sondern nur innerhalb speziell ausgestatteter Räume (z. B. Computerräume) mit diesen arbeiten kann. Bei stationären Computern sind räumliche Gegebenheiten festgelegt. Der typische Computerraum ist häufig nicht auf die didaktischen Bedürfnisse des Unterrichts ausgelegt. Aus technischen Gründen können die Schülerarbeitsplätze nicht verrückt bzw. verstellt werden, die Arbeitsplätze können wenig individuell gestaltet werden. Dadurch sind Gruppenarbeiten häufig nicht realisierbar, die am häufigsten verwendete Arbeitsform ist die der Partnerarbeit, wobei diese bereits durch die zu geringe Anzahl der vorhandenen Geräte forciert wird. Beim Frontalunterricht stellen Bildschirme eine Sichtbarriere zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern dar, welche in Verbindung mit Maus, Tastatur und eventuell sogar dem Computergehäuse einen Gutteil der Tischfläche des Arbeitsplatzes einnehmen. Auch mobile Geräte stellen nur begrenzt eine Alternative dar. Bei ihnen können die Räumlichkeiten zwar wesentlich flexibler gestaltet werden, was bleibt, sind jedoch Probleme an anderer Stelle. Es muss dasselbe Gerät von verschiedenen Lernenden benutzt werden. Dabei erscheint es selbstverständlich, dass durch eine entsprechende Rechtevergabe eventuelle Fehlkonfigurationen vermieden werden müssen, damit sich diese nicht zum Nachteil für die im folgenden am Gerät arbeitenden Schüler und Schülerinnen auswirken. Diese im Schulbetrieb durchaus notwendige Einschränkung steht jedoch im deutlichen Gegensatz zu Notwendigkeiten des Informatikunterrichts, der Schüler und Schülerinnen Möglichkeiten geben muss, ein gegebenes Informatiksystem in allen Einzelheiten zu erforschen, es selbstständig zu erweitern, seine Grenzen zu testen. Das Mobiltelefon kann bei dieser Argumentation an entscheidender Stelle punkten. Unter zugegebenermaßen positiven Bedingungen müssen von schulischer Seite keinerlei Kosten getragen werden, da die Mobiltelefone von Schülern und Schülerinnen selbst mit in den Unterricht gebracht werden. Dies ist durchaus nicht als utopisch anzusehen, bereits die Daten der JIM-Studie 2007 sprechen für sich: »Bei den ab 14-Jährigen kann man von einer Handy-Vollversorgung sprechen« [MPF07, S. 55]. Die Studie des letzten Jahres spricht dieses noch deutlicher aus: Ein Mobiltelefon zu haben ist für Jugendliche nun schon seit einigen Jahren eine absolute Selbstverständlichkeit – inzwischen besitzen 95 Prozent ein eigenes Handy, unabhängig von Geschlecht oder Bildungshintergrund [MPF08, S. 59]. Dahinter bleibt der Computer mit einer Quote von ca. 70 Prozent eindeutig zurück. Auch wenn bei vielen gerade älteren Menschen das Mobiltelefon tatsächlich nur zum Telefonieren verwendet wird, so spricht die JIM-Studie 2008 im weiteren das aus, was jedem Dabei muss erwähnt werden, dass weniger starke Einschränkungen notwendig sind, wenn Schülerinnen und Schüler sich im Sinne einer Netiquette bewusst sind, welche Konsequenzen ihr Verhalten hat und dementsprechend ein verantwortungsvoller Umgang mit den Systemen möglich ist. Dies ist erklärtermaßen ein Ziel des Informatikunterrichts. Informatiker sofort klar ist: Das heutige Mobiltelefon ist in allen Belangen ein vollständiges Informatiksystem. Die Handys, die Jugendliche heute zur Verfügung haben, sind mit früheren Geräten kaum vergleichbar. Neun von zehn Handys haben eine Digitalkamera integriert, etwa vier Fünftel der Jugendlichen können mit dem Handy unterwegs ins Internet gehen oder Daten über Bluetooth tauschen. Drei Viertel können mit dem MP3-Player des Mobiltelefons auch Musik abspielen und 61 Prozent können Radioprogramme empfangen [MPF08, S. 61]. Neben den veränderten Besitzverhältnissen sprechen jedoch auch andere Faktoren für den Einsatz im Unterricht. Auch wenn im ersten Moment für einen computergewöhnten Erwachsenen abschreckend, ist gerade die Größe des Geräts einer dieser wesentlichen Faktoren. Für Mobiltelefone muss kein Platz auf dem Tisch gemacht werden und falls sie in einer konkreten Unterrichtssituation stören, so können sie in die Hosen-, Jackenoder Schultasche gesteckt werden. Eventuelle Probleme in der Bedienbarkeit können dafür Sorge tragen, dass nicht die Bedienung eines Informatiksystems, sondern dessen Struktur und Aufbau im Vordergrund stehen. Das Mobiltelefon nimmt außerdem eine besondere Position ein, da es sowohl im privaten Bereich, als dann auch in der Schule genutzt wird. Durch die private Nutzung haben Schülerinnen und Schüler Interesse daran, die Funktionalität des Systems aufrecht zu erhalten, die Lernenden übernehmen die verantwortungsvolle Rolle des Systemadministrators. Als positiver Nebeneffekt sind finanzielle Belastungen, welche durch zusätzliche Wartungsarbeiten auf schulischer Seite entstanden wären, reduziert. Als Argument zur Chancengleichheit betrachte man die bereits angesprochenen Zahlen von 95% Gerätebesitz bei Mobiltelefonen und 70% bei Computern unter dem geschlechtsspezifischen Aspekt. 96% aller Mädchen besitzen ein eigenes Gerät und damit sogar ein wenig mehr die Jungen (94%) während mit 64% zu 77% deutlich mehr Jungen einen Computer ihr Eigen nennen können [MPF08, S. 10]. Betrachtet man die Rolle verschiedener Medien im Alltag der Jugendlichen ebenfalls unter dem geschlechtsspezifischen Aspekt, so liegen Jungen in computerlastigen Bereichen teilweise leicht (Computer: 87% zu 91%, Internet: 83% zu 85%, Tageszeitung online: 10% zu 14%, Zeitschriften online: 7% zu 14%) aber auch sehr stark (Computerspiele: 13% zu 47%) vorne [MPF08, S. 13]. Mit welchem Medium beschäftigen sich mehr Mädchen? Mit Mobiltelefonen, und das sogar mit einem Vorsprung von mehr als zehn Prozentpunkten (91% zu 78%). Nicht nur die durchgeführten Interviews zeigen, dass die Sichtweise auf das Fach Informatik stark in Verbindung steht mit der Nutzung von Computern. Die Nutzung von Computern im Informatikunterricht muss damit aus der Genderperspektive heraus in Frage gestellt werden. Mit Mobiltelefonen existiert eine Alternative dessen Besitzverhältnisse »unabhängig von Geschlecht oder Bildungshintergrund« ist [MPF08, S. 59]. Man nehme als Vergleichsmaßstab nicht unbedingt die eigene Tippgeschwindigkeit, sondern beachte, dass Jugendliche, die täglich mit einem solchen Gerät umgehen, ein nicht zu vernachlässigendes Training erfahren haben.
[1] Ville Tuulos,et al. Mobile Python: Rapid prototyping of applications on the mobile platform , 2007 .
[2] Uli Kutter,et al. Literatur. , 1941, Subjekt.