Liturgie und Dichtung. Ein interdisziplinäres Kompendium
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Hörer, die freilich oft nicht weit entfernt ist von Werbepsychologie und TVHeilsstrategien. Erzählende Predigt könnte davon, so begreife ich, „mal Pause machen". Und dies umso mehr, je weniger kommentierend dazwischengeredet oder abschließend zusammengefaßt wird: „Lassen wir offen, liebe Zuhörer, ob diese Worte den Haß des älteren Bruders überwinden konnten, ob auch er begriff, daß die Liebe des Vaters ihn begleitet hatte bei der Arbeit .. " schließt Knigge (III) seine Weitererzählung des verlorenen Sohnes. „Lassen wir offen . . ." sagt er. Warum tut er's nicht einfach? Hat er mit seiner Erzählung nicht gebracht und gezeigt, was er nun sagt? Erzählend können wir offen lassen. Einladung also zum zerstreuten Zuhören, das improvisiert, nicht interpretiert? Überlassen wir die Suche nach der Bedeutung nicht nur unserer Gedankenführung, sondern dem Hörer, ähnlich dem Betrachter eines abstrakten Bildes? Dabei kann Predigt noch immer Gebrauchsliteratur sein, und der Prediger muß noch längst kein Poet und Literat sein. Aber die Freiheit zum freien, wilden Hören läßt möglicherweise zu einem Verstehen kommen: „jetzt weiß ich weiter! " Und ein Zuhörer beginnt, sich eine seine? Geschichte zu erzählen. Er bekommt seinen Kopf nicht vollgestopft mit Worten, Argumenten, Gründen. Sein Kopf, sein Geist wird leer so beschrieb mir eine Zuhörerin erfreut ihre Erfahrung und läßt Vorstellungen, Bilder auftauchen. Die werden dann anschließend beim Kirchentee oder Aperitivo auch laut weitergegeben, wenn eine überlegte Par t i tur dafür Sorge trägt. So kann sich einer in die Geschichten des Gottesreiches verwickeln. Und so könnte muß nicht! erzählendes Predigen zur symbolischen Kommunikation werden: Nicht als Instrument sozialer Kommunikation, sondern als schöpferische Erf indung von Geschichten. ' ' In diesen Geschichten ruft sich das Gottesreich in Erinnerung, und Menschen erkennen Ihn plötzlich wieder: „Wieder Er, der Gott Abrahams, Jesu mein Gott". Da „muß nicht jeder Prediger gleich begabt sein mit Einfallsreichtum und gestalterischer Kraf t" . Nitschke sollte dem Hörer auch noch etwas gönnen. Dafür sei ihm das Schlußwort an seine Homiletikrunde gegeben: „Verlangt ist von jedem die harte Arbeit, auf das Nachsagen zu verzichten und das Weitersagen zu probieren. Im Spiel der Predigt begibt sich der lebendige Umgang mit der Wahrheit, die bei uns „in Brauch und Übung" (Luther) kommen soll". (III, 18) Juerg Kleemann