Bemessung nachträglich ergänzter Betonbauteile mit längsschubbeanspruchter Fuge. Vergleichende Beurteilung aktueller Konzepte für die Baupraxis

Nachtraglich erganzte Betonbauteile kommen in der Baupraxis haufig vor, sowohl im Fertigteilbau als auch im Zuge der Verstarkung von bestehenden Konstruktionen durch Aufbringen einer neuen Betonschicht. Im Rahmen dieses Beitrags werden die Annahmen und Modellvorstellungen, die verschiedenen aktuellen Ansatzen zur Bemessung der Schubfugen zugrunde liegen, genauer betrachtet. Vor allem der Traganteil, der sich durch den Verbund zwischen Alt- und Neubeton ergeben kann, wird unterschiedlich gewichtet. Geht man davon aus, dass z. B. Verunreinigungen auf der Fugenoberflache zu einem geschwachten Beton-Beton-Verbund fuhren, so ist zur Sicherstellung der Tragsicherheit eine erhohte Bewehrungsmenge erforderlich. Umgekehrt kann bei einer sorgfaltig vorbereiteten Altbetonoberflache die Bewehrungsmenge reduziert werden. Die Bemessungsansatze in der europaischen Norm EN 1992-1-1 (12.2004 + Berichtigung 2008), in den deutschen Normen (DIN 1045-1 (07.2001 + Berichtigungen 1 + 2); DIN 1045-1 (Neufassung 2008)) und in den US-amerikanischen Richtlinien (ACI 318-02; AASHTO LRFD Specifications) liefern nur in Kombination mit sorgfaltig vorbereiteten Fugenoberflachen ausreichend sichere Ergebnisse. Der Ansatz in ONORM B 4700 (06.2001) berucksichtigt den Fall eines durch ungunstige Baustellenbedingungen geschwachten Beton-Beton-Verbunds (dies gilt teilweise auch fur die Regelungen in ACI 318-02). Die Auswirkungen dieser Annahmen auf die Bemessungsergebnisse werden durch Bemessungsbeispiele veranschaulicht. In abschliesenden Bemerkungen wird auf Starken und Schwachen der Bemessungskonzepte hingewiesen.