Zur mittel- und jungquartären Relief- und Bodenentwicklung der nordwestlichen Kölner Bucht - Detailuntersuchungen der lössbedeckten Mittelterrassenlandschaft -

In der vorliegenden Arbeit wird die mittel- und jungquartare Relief- und Bodenentwicklung der nordwestlichen Kolner Bucht am Beispiel eines Ausschnitts der lossbedeckten Mittelterrassenlandschaft untersucht. Dabei wird die geomorphologische Betrachtung des Reliefs in einen Gesamtlandschaftskontext gestellt, wobei neben der pleistozanen Landschaftsentwicklung auch die postglaziale Genese unter zunehmender Einflussnahme des Menschen und damit der Wandel von der Natur- zur Kulturlandschaft berucksichtigt wird. Die Reliefformen bilden unter Einbeziehung des lithostratigraphischen und pedologischen Aufbaus des oberflachennahen Untergrundes die Basis der Untersuchungen. In diesem Verstandnis spiegelt sich in den Reliefformen eine mehrphasige und polygenetische Formung wider und sie stellen somit Archive der Landschaftsgenese dar. Ihr Aufbau wird durch Bohrungen und Aufschlussaufnahmen erfasst und unter Verwendung geomorphologisch-pedologischer Arbeitsweisen interpretiert. Erganzung erfahren die Gelandebefunde durch die Anbindung an archaologische Grabungen sowie durch sedimentologische Analysen. An ausgewahlten Proben wurden Lumineszenzdatierungen durchgefuhrt. Dabei wurden sowohl polymineralische Feinkornpraparate (SAR-IRSL) als auch Quarze der Grobkornfraktion (SAR-OSL) datiert. Im Vergleich der Datierungen offenbart sich eine deutliche Altersunterbestimmung der SAR-IRSL-Alter gegenuber den SAR-OSL-Altern, die eine exakte chronostratigraphische Einordnung erschweren und zu einer kritischen Sichtweise auf bestehende, IRSL-basierte Chronologien Niederrheinischer Lossprofile fuhren. Auch zeigt sich am hier behandelten Beispiel, dass besonders in den landschaftsgenetischen Archiven des Pleistozans grose Schichtlucken auftreten, die eine Einbindung in die hochauflosende Stratigraphie des Quartars nur in begrenztem Umfang erlauben. Es wird aufgezeigt, dass die Oberflache der mittelterrassenzeitlichen Schotterkorper und die aktuelle Gelandeoberflache, bedingt durch wechselnde Lossmachtigkeiten, nicht parallel verlaufen und das aktuelle Relief nicht als Kriterium einer stratigraphischen Gliederung der Mittelterrassen herangezogen werden kann. Zudem steuert die lokale Reliefkonfiguration masgeblich die Abtragung im Sinne eines Kaskadensystems und limitiert damit auch den Erhalt umfassender mittel- und jungpleistozaner Sequenzen. Machtige Lossdeckschichten sind damit nicht gleichzeitig mit einem hoheren Alter des Liegenden verbunden und beinhalten somit auch nicht zwangslaufig eine hohere Auflosung bezuglich ihres feinstratigraphischen Aufbaus. Die altesten hier erfassten Losssedimente und die in ihnen entwickelte interglaziale Bodenbildung sind an leeseitige Positionen im Ubergang von der altesten Mittelterrasse (MT 1) zur nachst jungeren Mittelterrasse (MT 2) gebunden. Basierend auf den Gelandebefunden unter Einbeziehung der Lumineszenzdatierungen an polymineralischen Feinkornpraparaten ist eine Einstufung in das Marine Isotopenstadium (MIS) 7 wahrscheinlich. Den grosten Anteil am Aufbau der Deckschichten erlangen die Losssedimente des Oberweichsels. Ihre Ablagerung fuhrt in Anlehnung an die praexistente Oberflache zu einer deutlichen Akzentuierung des Reliefs. Basierend auf den Lumineszenzdatierungen an Quarzen deutet sich bereits im fruhen Oberweichsel eine kraftige Phase der Lossbildung bei intensiver syn- und postgenetischer Verspulung an. Darauf folgt eine weitere, kraftige Lossakkumulation, die bis zum Ende des Pleniglazials anhalt und in der die spulaquatischen Prozesse an Intensitat verlieren. Das Postglazial ist zunachst durch eine morphodynamisch stabile Phase gekennzeichnet, in der intensive Vegetationsentwicklung und Bodenbildung stattfindet und das pleistozane Ausgangsrelief konserviert wird. Der dominierende Bodentyp auf den lossbedeckten Mittelterrassen ist die Parabraunerde, ihre Ubergangsformen und Subtypen. Zu den Tiefenlinien der Taler gehen sie stellenweise in Parabraunerden mit humosen Tonanreicherungshorizonten uber, die nicht als Relikte einer klimagenetisch bedingten Schwarzerde, sondern als rein reliefbedingte Bildungen angesehen werden. Mit zunehmendem Eingriff des Menschen in die Naturlandschaft wird eine weitere morphodynamisch aktive Phase induziert und es vollzieht sich letztlich der Wandel in das heutige Erscheinungsbild der Kulturlandschaft. Das pleistozan angelegte Relief erfahrt eine zunehmende Nivellierung, die sich in der erosiven Verkurzung der Bodenprofile in Hangpositionen und auf den Hochflachen und in der Ablagerung von Kolluvien als korrelate Sedimente der Abtragung an den Unterhangen und auf den Talboden widerspiegelt. Uber die Verbindung der geomorphologisch-pedologisch untersuchten Archive des holozanen Landschaftswandels in Verbindung mit archaologischen Befunden lasst sich eine weitgehende Siedlungskontinuitat vom Mittel-Neolithikum bis in die Neuzeit belegen.