Querkraftversuch an einem Durchlaufträger aus Spannbeton

Bei der Nachrechnung aelterer Spannbetonbruecken ergeben sich hinsichtlich der derzeit gueltigen Regelwerke haeufig erhebliche Defizite bezueglich der erforderlichen Querkraftbewehrung in Laengsrichtung. Ein Querkraftversagen bestehender deutscher Spannbetonbruecken ist bisher jedoch nicht bekannt. Es ergibt sich somit ein Widerspruch, der aufzuklaeren ist. Ein von der Bundesanstalt fuer Strassenwesen (BASt) beauftragter Forschungsauftrag sollte weitere Erkenntnisse zu dieser Thematik liefern. Es handelt sich um einen Grossversuch an einem vorgespannten Zweifeldtraeger. Gewaehlt wurde ein Durchlauftraeger, da es bisher nur sehr wenige Versuche an durchlaufenden Spannbetonbalken gibt. Der Versuchsaufbau strebt in Dimensionierung und Ansatzpunkten der Pressen eine realitaetsnahe Abbildung der Verhaeltnisse an Brueckenbauwerken an. Der Versuchskoerper weist einen vorgespannten Plattenbalkenquerschnitt mit einer Stegbreite von 30 Zentimetern und einer Flanschdicke von 15 Zentimetern auf. Die Quer- und Laengsbewehrung des Traegers wird im Einzelnen textlich und mit Abbildungen beschrieben. Vorgespannt wurde der Traeger mit Spanngliedern aus Spannstahl St 1570/1770. Der Traeger erhielt eine umfassende Ausruestung mit Messtechnik, die eine kontinuierliche Erfassung des Tragverhaltens ueber alle Laststufen ermoeglichte. Da die Traglast beim ersten Belastungsversuch nicht erreicht werden konnte, musste ein zweiter Belastungsversuch mit einem umgebauten Versuchsstand und staerkeren Pressen durchgefuehrt werden. In diesem Versuch gelang es, den Traeger bis zum Versagen zu belasten. Die Beschreibung der Versuchsergebnisse beinhaltet Ausfuehrungen zu den Verformungen, dem Rissverhalten und zum Bauteilversagen. Im Last-Verformungs-Diagramm ist deutlich der Uebergang vom ungerissenen Zustand I in den gerissenen Zustand II zu erkennen. Erste Risse entstanden in den Feldbereichen als Biegerisse. Im weiteren Belastungsverlauf entwickelten sie sich zu geneigten Biegeschubrissen. Im Bereich der Momentennullpunkte bildeten sich ausgepraegte reine Schubrisse aus. Das endgueltige Versagen trat durch einen Schubzugbruch in Verbindung mit einem ploetzlichen Versagen der Druckzone ein. Ursaechlich fuer das Versagen war die Erreichung der Streckgrenze der Buegel (Stahlversagen). Die dabei auftretenden grossen Dehnungen fuehrten zu einem immer weiteren Vordringen der aufklaffenden Schubrisse mit geringer werdenden Druckzone und letztlich zum Ueberschreiten der Betondruckfestigkeit. Die Versuchsauswertung zeigt, dass die Querkrafttragfaehigkeit deutlich groesser ist, als die nach DIN 1992-2 berechnete Tragfaehigkeit. Das Nachweisformat der DIN beruecksichtigt offensichtlich nicht alle massgebenden Traganteile im System, insbesondere nicht die positive Wirkung des sich ausbildenden Druckbogens. ABSTRACT IN ENGLISH: The structural assessment of existing older prestressed concrete bridges on the basis of current standards often uncovers substantial deficits in terms of the required shear reinforcement in the main girders of bridge superstructures. However, shear failures of existing German bridge structures have not been reported so far. Until now, only few tests on prestressed continuous concrete beams have been carried out. In order to investigate the load bearing capacity of such beams more precisely, a large scale experiment was executed at TU Dortmund in the course of a research project funded by the Federal Highway Research Institute (BASt). Within this project a particular focus was put on the investigation of the additional shear load bearing capacity caused by the compressive arch effect. Therefore an extensive range of measurement devices was used in the experiment to guarantee the continuous recording of structural behavior and internal forces. In this contribution the large scale experiment as well as the main findings are presented. An interpretation of the test results based on current standards and a comparison with the compressive arch model are carried out. (A)