Umweltprüfung in der Bauleitplanung

Das Europarechtsanpassungsgesetz Bau ist nun in Kraft getreten. Damit sind umfangreiche Anpassungen des BauGB an EU-Richtlinien erfolgt. Die relevanten Regelungsbereiche der RL 2001/42/EG (SUP-RL) sind im Baurecht umgesetzt worden. Schwerpunkt und zentrales Interesse der Novelle gilt der Umweltprüfung (UP). Die Bedeutung, Inhalte und das Verfahren standen im Fokus einer Tagung am 25. Mai 2004 in Herford. Dazu hatte das Büro Kortemeier und Brokmann aus Herford geladen. Die Zahl von 150 Gästen zeigte das rege Interesse an dieser aktuellen Thematik. Denn die UP ist nun Gegenstand und verbindlicher Bestandteil von Bauleitplanverfahren. Der Rahmen der Tagung wurde um den Stand der Umsetzung der SUP in der Landesund Regionalplanung ausgeweitet. Ulrich Kortemeier begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, unter anderem Vertreter aus Landesbehörden, Kommunalverwaltungen und Planungsbüros, und führte sie durch die Tagung. Die Veranstaltung war in sechs Kurzvorträge unterteilt und wurde mit einer Podiumsdiskussion am Nachmittag beschlossen. Den Auftakt gab der Geschäftsführer des Büros Kortemeier & Brokmann, Michael Kasper. In seinem Einführungsvortrag bekräftigte er die Aktualität der Tagung und begrüßte das Zusammenfinden aller als wichtige Basis für die weitere Diskussion in Fachkreisen. Kasper fasste die Zielsetzungen der SUP-RL und ihre Regelungsinstrumente zusammen und brachte die Herausforderungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung auf einen für alle Teilnehmer gemeinsamen Nenner. Durch das Artikelgesetz würden gute Strategien verfolgt, welche von Seiten der Umweltplaner wiederum konstruktiv und inhaltlich aufgefüllt werden müssten. Dazu könne das nationale Recht allein nicht beitragen. Um eine Win-Win-Situation zu erreichen, müssen vermehrt informelle Planungen, wie z. B. die Umweltmediation, angewendet werden, so Kasper. Dr. jur. Hans Walter Louis, Niedersächsisches Umweltministerium, Leiter des Referats „Naturschutzrecht“, warnte in seinem Vortrag, dass der Umfang und Detaillierungsgrad für UP nicht ausreichend bestimmt sind. Probleme ergäben sich zurzeit noch in der Abschichtung der Pläne, also ihrer jeweiligen Maßstäblichkeit, aber auch in der fehlenden zeitlichen Unmittelbarkeit zwischen UP und Umsetzung. Die Präklusionsklausel bei Umweltprüfungen ist wie bei Planfeststellungsverfahren anzuwenden. Für die zusätzlichen Angaben des Umweltberichts nach § 4c BauGB fehlen den Behörden rechtliche Mittel zur Einholung von Überwachungdaten für die unvorhergesehene Auswirkungen. Prof. Hubertus von Dressler, Fachhochschule Osnabrück, referierte über die Umweltprüfung in der Funktion als Trägerverfahren der UVP, FFH-VP und Eingriffsregelung und fasste deren Besonderheiten zusammen. Die UP ist nach § 2 Abs. 4 BauGB für die Umweltbelange nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a durchzuführen. Die frühzeitige Einbeziehung der Öffentlichkeit und der sonstigen Träger öffentlicher Belange bringe eine effektivere Ermittlung der umwelterheblichen Belange, so von Dressler. Er stellte die Besonderheiten von UVP, Eingriffsregelung und FFH-VP dar und wies auf eine inhaltlich vermeidbare Doppelarbeit hin. Die notwendigen Erfahrungen müssen erst gemacht werden, stellte von Dressler klar und betonte, dass durch die UP jedoch kein zusätzlicher materieller Aufwand vonnöten sei. Planspiele haben gezeigt, dass ein rein formaler Mehraufwand aufgebracht werden muss. Wichtig sei die Konzentration auf den Umfang und Detaillierungsgrad der einzustellenden Belange und die Prüfmethoden. Von Dressler führte ein Beispiel des Landschaftsplans Oldenburg an. Dieser enthalte eine ausreichende Beschreibung für die Standortbestimmung von Baugebieten. Zudem enthalte er genügend Aussagen zum Kompensationsbedarf. Allerdings schränkte von Dressler ein, dass dies in erster Linie für eigenständige Landschaftspläne gelte. Abschließend stellte er noch Unklarheiten heraus in der UP bei der ● Festsetzung des Untersuchungsrahmens, ● Alternativenprüfung, ● Öffentlichkeitsund Behördenbeteiligung und ● Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen. Dr. jur. Heinz Janning griff das Statement von Dresslers auf und wies auf einen angemessenen Prüfumfang der UP hin. Dieser bestimme sich allein danach, was man alles an Belangen für die Abstimmung einstellen müsse. Die „Checkliste“ für die UP bestimmt sich nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a BauGB. Der Beigeordnete der Stadt Rheine, Mitglied der unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, sieht in dem EAG Bau die Erfüllung des SUP-Stammgesetzes. Gleichzeitig wurde mit dem Gesetzesnachtrag der Reformbedarf städtebaulicher Instrumente abgearbeitet. Die Landschaftsplanung biete wertvolle Informationen für die UP und gleichzeitig sind die formulierten Ziele als Messlatte für das Monitoring heranzuziehen. Allerdings vertrat Janning die Auffassung, dass sich kleine Gemeinden ein Monitoringsystem nicht leisten würden können. Denn der Verwaltungsaufwand wäre zu hoch. Die Informationspflicht über unvorhergesehene Auswirkungen liege so bei den Umweltbehörden. Im Vorverfahren nach § 2 Abs. 4 BauGB sollten bereits die Punkte so abgearbeitet werden, wie sie auch im Umweltbericht auftauchen müssen. Diese Art „vorläufiger Umweltbericht“ erspare Zeitaufwendungen. Bei Auslegung sollten die wesentlichen Informationen über die Einstellung der Umweltbelange aufgeführt sein. Der Sinn bestehe darin, dass die offen gelegten Umweltbelange angemessen in die Abwägung einfließen können. Inhalt und Aufbau des Umweltberichts finden sich in der Anlage zu § 2 Abs. 4 und 2a BauGB. Sind die Punkte materiell-rechtlich abgearbeit, sind sie auch verfahrensrechtlich abgearbeitet, brachte Janning es auf den Punkt. Damit hält die UP auch einem etwaigen Normkontrollverfahren stand. Michael Zirbel, Leiter des Fachbereichs Stadtplanung der Stadt Gütersloh, gab sich in seinem Vortrag pragmatisch. Zu den Vorteilen, die sich aus der Richtlinien-Anpassungen ergeben würden, führte er auf: ● Vereinfachung der Planungsprozesse, ● Systematische und sachgerechte Abwägung, ● Frühzeitige Einbeziehung der Umweltbelange, ● Stärkung des Flächennutzungsplans als Strategisches Instrument ● Abschichtung und zusammenfassende Bearbeitung, ● Stärkung der Stadtentwicklung. Fachlich sei die UP ohne Schwierigkeiten zu bewältigen. Allerdings gab der Praktiker zu bedenken, dass die Steuerungs-, Ordnungsund Koordinierungsfunktion von Flächennutzungsplänen nicht überschätzt werden dürfe. Zudem sehe er mit den zusätzlichen Anforderungen der UP die Planungseffizienz (schlanke Pläne) gefährdet. Das dreistufige Planungssystem der BR Deutschland wird von der Regionalund Landesplanung gekrönt. Der Sachstand zur Umsetzung der SUP-Richtlinie auf dieser Ebene gab Christian Rösgen, Planungsdezernent in der Bezirksregierung Detmold. Da die Pläne und Programme keine gebietsscharfen Abgrenzungen enthalten, ist die SUP-Pflicht zu konzentrieren. Bestimmt doch der Detaillierungsgrad über den Umfang der SUP und letztlich die Erfassung von Empfindlichkeiten. Der Prüfungsauftrag liege so eindeutig bei der Bauleitplanung. Er betonte, dass die Rolle der Regionalund Landesplanung in der Vorbereitung von SUP-pflichtigen Vorhaben liegt. Dies beziehe sich jedoch nur auf Gebiete größer zehn Hektar, nicht jedoch auf Schutzdarstellungen und Gebiete mit Bestandsschutz. So sind FFH-Gebiete gesondert zu prüfen. Hier gebe es noch erheblichen Diskussionsbedarf. Auf jeden Fall müsse die Umweltprüfung konzentriert werden. Rösgen machte sich für die Ausarbeitung von Handlungsanweisungen stark. Am Nachmittag folgte eine Podiumsdiskussion unter der Leitung von Walter Neuling, Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses Landschaftsarchitekten der AK NW. Die Referenten standen Rede und Antwort auf die vom Publikum gestellten Fragen. Zur Umsetzung der SUP-RL wurde insgesamt von allen am Podium Teilnehmenden ein nach wie vor großer Diskussionsbedarf bescheinigt. Allerdings gereicht das, „was am Anfang der Kette in Brüssel begonnen wurde“ (Zirbel), zur Skepsis, aber auch zur Zuversicht, denn der europaweite Wettbewerb verlangt nach einheitlichen Verfahrensstandards. Kasper sagte, mit der UP-Pflicht werden alle Beteiligten zu einer nachhaltige Siedlungsund Freiraumentwicklung herausgefordert. In der Öffentlichkeit werde das Bewusstsein geschärft, so Janning. Er betonte, dass die Umsetzung in einer praxisgerechten Weise nicht Aufgabe des Verfahrensrechts sein kann. Die inhaltliche Ausgestaltung sei also noch zu leisten. ■ Tagungen ■