[Determinants for the diagnosis of ADHD - An analysis based on SHI claims data].

Bisher gibt es in Deutschland nur wenige Untersuchungen zu den soziodemographischen Einflussgrößen auf die Diagnosestellung einer ADHS-Erkrankung, obwohl die Kenntnis dieser Merkmale bedeutend für das diagnostische Prozedere und die Ausgestaltung von Präventionsprogrammen sein kann. Unser Ziel war es daher, die Evidenz zu den Einflussgrößen einer ADHS-Diagnose zu erweitern und Hinweise dafür zu geben, welchen Einfluss die familiäre Vorbelastung mit psychiatrischen Diagnosen und soziodemographischen Faktoren haben. Durch ein 3:1 Kontrollgruppendesign mit Daten der Techniker Krankenkasse wurden psychosoziale, regionale und demographische Einflussfaktoren deskriptiv und anhand einer logistischen Regression untersucht. Die unabhängigen Variablen bestanden aus Alter, Geschlecht, Region und Komorbiditäten der Patienten, dem sozioökonomischen Berufsstatus und dem Bildungsniveau der Mitglieder, den psychiatrischen Diagnosen der Eltern sowie dem Alter der Eltern bei der Geburt der Kinder (Variablen des Familienhintergrunds). Es wurden 9.881 ADHS-Patienten mit einem Durchschnittsalter von 14,9 Jahren [SD: 12,6] identifiziert. Anhand dieser umfassenden Stichprobe konnte bestätigt werden, dass das ADHS-Risiko bei männlichen Patienten höher liegt als bei weiblichen Patientinnen (OR: 2,3 [95%-KI: 2,2–2,5]). Ein mittlerer oder höherer Bildungsabschluss eines Mitglieds war mit niedrigerem Risiko einer ADHS-Diagnose im Vergleich zur Referenzkategorie niedriger Bildungsstatus verbunden (OR: 0,78 [95%-KI: 0,70–0,89] bzw. OR: 0,55 [95%-KI: 0,47–0,63]). Zudem erhöhte sich das ADHS-Risiko mit höherem Alter der Eltern sowie bei Vorliegen von psychiatrischen Diagnosen dieser (OR: 1,02 [95%-KI: 1,01–1,03] bzw. OR: 2,09 [95%-KI: 1,95–2,25]). Für den sozioökonomischen Beschäftigungsstatus konnte kein eindeutiger Zusammenhang nachgewiesen werden. Das Wissen um soziodemographische Einflussfaktoren kann die Diagnosestellung unterstützen und Hinweise zur Entwicklung individueller Präventions- und Therapiekonzepte geben.