Die Verantwortung der Wirtschaftsinformatik bei IT-Großprojekten
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Das Scheitern von IT-Projekten wird seit Jahrzehnten heftig diskutiert. So berichten beispielsweise Magazine über historische Fehlschläge bei IT-Projekten in den USA (Zeitler 2008), Unternehmensberatungen analysieren das Scheitern von ITGroßprojekten (Richter et al. 2008) und auch die Wissenschaft stellt detaillierte Untersuchungen zu Fehlschlägen bei ausgewählten IT-Großprojekten in Deutschland an (Mertens 2009). Ausgangspunkt solcher Analysen und Berichte ist häufig der sogenannte CHAOS Report: aktuell scheitern demnach 24 % der IT-Projekte, 44 % gelten als eingeschränkt erfolgreich und nur 32 % sind erfolgreich (Eveleens and Verhoef 2010). Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik sollte man die Befunde des CHAOS Reports aber kritisch hinterfragen. Die Definition von „Erfolg“ bleibt dort entweder unklar, oder – so sie denn erfolgt – wird nur die erfolgreich abgeschlossene Projektdurchführung bewertet. Jedoch wird nicht berücksichtigt, ob das Projekt auch dazu beiträgt die Unternehmensziele zu erreichen. Diese Debatte ist nicht neu – bereits 1998 präsentierte Peter Mertens 15 Thesen, in denen er letztlich forderte, sich am Ziel der Steigerung des Unternehmenswerts zu orientieren und davon ableitete, welches die richtigen Ziele der Wirtschaftsinformatik sein sollten. Und doch gibt es immer noch keine einheitliche, akzeptierte Definition, wann ein IT-Projekt als Erfolg zu werten ist. Vor diesem Hintergrund tut der umsichtige Wissenschaftler gut daran, derartige pauschal-quantitative Studien mit Vorsicht zu genießen. Auch wenn die Art und Weise der Erfolgsmessung umstritten ist, lässt sich die Beobachtung, dass immer noch zahlreiche IT-Großprojekte mit enormen Problemen bis hin zum Scheitern kämpfen, kaum verneinen. Die direkten und indirekten Auswirkungen sind häufig dramatisch, teils gar existenzbedrohend, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen: Die Supermarktkette Sainsbury’s musste im ersten Halbjahr 2004 nach der gescheiterten Einführung eines neuen IT-Systems einen Gewinneinbruch in Höhe von 88 % gegenüber dem Vorjahr verbuchen. Das neue Supply-Chain-Management System hatte sich als unzureichend erwiesen, so dass das Unternehmen Prozesse personell statt automatisiert durchführen musste. Insgesamt 791 Millionen US-Dollar wurden abgeschrieben, das Abrutschen Sainsbury’s auf den dritten Platz im britischen Markt wurde zu einem guten Teil dem gescheiterten Projekt angelastet. Der Ansatz, mit Toll Collect ein neuartiges System zur streckenabhängigen Mauterhebung in Deutschland einzuführen, scheiterte öffentlichkeitswirksam mit dem Kündigungsschreiben des Bundesverkehrsministers, wonach das Angebot „technisch, rechtlich und wirtschaftlich nicht akzeptabel sei“. Vorausgegangen waren monatelange Querelen aufgrund zahlreicher Fehlfunktionen und ständig neuer Verzögerungen. Das System ging Anfang 2005 mit insgesamt 16 Monaten Verspätung und eingeschränkter Funktionalität in Betrieb. Am 29. Juli 2005 reichte der Bund daher Klage gegen das Maut-Konsortium ein und erhob Forderungen in Höhe von 5,1 Milliarden Euro. Die Rechtsstreitigkeiten dauern bis zum heutigen Tage an. Eines der größten IT-Projekte Europas mit geschätzten Kosten von bis zu 5,4 Milliarden Euro, enormen Anforderungen bezüglich Datenvolumen und -schutz ist die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland, welche ursprünglich zum 1. Januar 2006 die Krankenversicherungskarte ersetzen sollte und nun bereits mehrere Jahre im Verzug ist. Der entstandene Vertrauensverlust der Gesellschaft gegenüber der Politik ist enorm. So fasste der Chaos Computer Club eine Studie von Booz-Allen-Hamilton mit den folgenden Worten zusammen: „In bester Tradition staatlicher Software-Großprojekte wird hier sehenden Auges ein weiteres extrem kostenträchtiges Prestigeprojekt angegangen, dessen Nutzen in keinem sinnvollen Verhältnis zu den Risiken und absehbaren Problemen steht. Eine erste Sichtung der Daten deutet auf eine massive Kostenexplosion bei der Einführung der Gesundheitskarte und ein weiteres Technologie-Desaster hin.“ Derartige IT-Großprojekte sind wohl auch in Zukunft zu befürchten. Sowohl die zunehmende IT-Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche als auch deren steigende Vernetzung lassen einen
[1] Stephen G. Powell,et al. Errors in Operational Spreadsheets , 2009, J. Organ. End User Comput..
[2] Chris Verhoef,et al. The rise and fall of the Chaos report figures , 2010, IEEE Software.