Beautycheck - Ursachen und Folgen von Attraktivität
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In der vorliegenden Arbeit wurden mehrere Erklarungsansatze, die sich auf die Attraktivitatswahrnehmung von Gesichtern beziehen, empirisch uberpruft. Dies sind konkret die Durchschnittshypothese (Langlois & Roggman, 1990), der Einfluss der Symmetrie (Thornhill & Gangestad, 1993) und die Theorie der Merkmalsauspragungen (Cunningham, 1986; Reifezeichen vs. Kindchenschema). Daruber hinaus wurde untersucht, welchen Zusammenhang es zwischen Attraktivitat und bestimmten Eigenschaftszuschreibungen gibt (Attraktivitatsstereotyp).
Dazu fotografierten wir 78 Frauengesichter und 33 Mannergesichter in standardisierter Weise. In einer Voruntersuchung wurden die Gesichter von Versuchspersonen bezuglich ihrer Attraktivitat auf einer Skala von 1 (= sehr unattraktiv) bis 7 (= sehr attraktiv) beurteilt. Aufgrund dieser Ergebnisse wurden 64 Frauen- und 32 Mannergesichter fur das weitere Vorgehen ausgewahlt und in eine Rangreihenfolge gebracht. Aus je zwei rangbenachbarten Gesichtern wurde mit Hilfe eines Computerprogramms ein neues Gesicht berechnet (gemorpht). Nach diesem Prinzip wurden sowohl fur Frauen als auch fur Manner uber mehrere Generationen weitere Durchschnittsgesichter mit zunehmender Anzahl darin enthaltener Originalgesichter berechnet, bis schlieslich ein einzelnes Gesicht fur jedes Geschlecht resultierte. In diesen beiden Gesichtern sind samtliche fotografierten Personen eines Geschlechts zu gleichen Anteilen enthalten. Analog zur Beurteilung der Originalgesichter wurde die Attraktivitat aller gemorphten Gesichter ebenfalls auf der gleichen Skala (s.o.) beurteilt.
Alle Originalgesichter und gemorphten Gesichter wurden daruber hinaus von Mitarbeitern einer Modelagentur daraufhin eingeschatzt, ob sie als Model fur die Kategorie "Beauty" geeignet waren.
In einem zweiten Experiment wurde der Einfluss der Symmetrie auf die Attraktivitatswahrnehmung von Gesichtern untersucht. Fur die funf unattraktivsten, funf mittel attraktiven und funf attraktivsten Gesichter jedes Geschlechts wurden mit Hilfe der Morphing-Software symmetrisch optimierte Versionen der Originalgesichter hergestellt. In einem Paarvergleichsexperiment wurde erhoben, inwieweit die symmetrisch optimierten Gesichter als attraktiver beurteilt werden als die Originalgesichter.
Fur das dritte Experiment wurden fur jedes Geschlecht drei unattraktive und drei attraktive Gesichter in ihren Gesichtsproportionen zu 50% an die des Durchschnittsgesichts angenahert. Die Gesichtsoberflache (d.h. insbesondere die Haut) wurde dabei konstant gehalten und nur die Proportionen wurden durchschnittlicher gemacht. Samtliche Versionen wurden in einem Paarvergleichsexperiment mit dem Originalgesicht verglichen. Im Gegenzug wurden fur jedes Geschlecht zwei Gesichterpaare hergestellt, die in ihren Gesichtsproportionen identisch waren. Durch Konstanthalten der Gesichtsproportionen konnten verschiedene Gesichtsoberflachen in Paarvergleichsexperimenten miteinander verglichen werden.
Als weitere Fragestellung wurde untersucht, inwieweit eine Annaherung der Gesichtsproportionen erwachsener Frauen an das Kindchenschema attraktivitatssteigernd wirkt. Dafur erstellten wir fur sechs verschiedene Frauengesichter funf Gesichtsvariationen, deren Gesichtsproportionen in 10%-Schritten (bis 50%) denen des Kindchenschemas angenahert wurden. Aus den funf Variationen zuzuglich dem Originalgesicht wahlten die Befragten das fur sie attraktivste Gesicht aus.
Um herauszufinden, welcher Zusammenhang zwischen Attraktivitat und der Zuschreibung bestimmter Eigenschaften besteht, wurden 21 Gesichter aus den Kategorien "unattraktiv", "mittel attraktiv" und "attraktiv" auf einer 7-stufigen Skala hinsichtlich zehn verschiedener Personlichkeitseigenschaften von Versuchspersonen eingeschatzt.
Das Ergebnis der Beurteilung der Originalgesichter sowie der daraus gemorphten Gesichter fallt wie folgt aus: Gemorphte Gesichter werden im Mittel attraktiver eingeschatzt als die Originalgesichter (4,26 bzw. 3,45 auf der 7-stufigen Skala). Je mehr Originalgesichter in einem gemorphten Gesicht enthalten sind, desto attraktiver wird es beurteilt (r = 0,57** fur Frauengesichter, r = 0,64** fur Mannergesichter). Dies stutzt zwar einerseits tendenziell die Durchschnittshypothese von Langlois & Roggman (1990), andererseits gilt aber auch: Je attraktiver die in einem gemorphten Gesicht enthaltenen Originalgesichter sind, desto attraktiver wird auch das gemorphte Gesicht beurteilt (r = 0,75** fur Frauengesichter, r = 0,68** fur Mannergesichter). Es kommt also nicht nur auf die Anzahl der in einem Gesicht vermorphten Originalgesichter an, sondern vor allem auch darauf, wie attraktiv die verwendeten Originalgesichter sind. Dies widerspricht der Durchschnittshypothese.
Die Expertenbefragung in der Model-Agentur ergab, dass von den ausgewahlten Gesichtern, die als Model fur die Kategorie "Beauty" geeignet waren, 88% (14 von 16) gemorpht waren, also in der Realitat nicht existieren.
Sehr asymmetrische Gesichter sind eher unattraktiv, aber sehr unattraktive Gesichter sind deswegen nicht automatisch asymmetrisch. Umgekehrt gilt ebenso: Sehr symmetrische Gesichter sind nicht notwendigerweise attraktiv und sehr attraktive Gesichter zeigen durchaus Abweichungen von der Symmetrie. Insgesamt scheint Symmetrie nur ein eher schwaches Kriterium fur Attraktivitat zu sein.
Werden unattraktive Gesichter in ihren Proportionen an das Durchschnittsschema angenahert, steigt ihre Attraktivitat ? bei attraktiven dagegen sinkt sie. Bei konstant gehaltenen Gesichtsproportionen wird fur jedes Geschlecht die Gesichtsoberflache des Durchschnittsgesichts als attraktiver beurteilt als die von unattraktiven Gesichtern, jedoch als weniger attraktiv als die Gesichtsoberflache von attraktiven Gesichtern. Durch die beiden Experimente konnte eindeutig gezeigt werden, dass nicht die Gesichtsproportionen, sondern die Oberflachen durchschnittliche Gesichter attraktiv machen. Die attraktivsten Gesichter weisen in ihren Proportionen systematische Unterschiede im Vergleich zum Durchschnittsgesicht auf (siehe oben!) und werden gerade wegen dieser Unterschiede als attraktiver bewertet.
Variationen von erwachsenen Frauengesichtern, deren Proportionen dem Kindchenschema (von 10% bis 50%) angenahert wurden, werden von mehr als 90% der Befragten als attraktiver eingeschatzt. Das bedeutet, dass selbst die attraktivsten Frauen noch zusatzlich an Attraktivitat gewinnen, wenn ihre Gesichtsproportionen kindlicher gemacht werden. Dies steht im Einklang mit der Theorie der Merkmalsauspragung (Cunningham, 1986) und spricht gegen Grammers Ansicht, dass das Kindchenschema keinen positiven Einfluss hatte.
Durch den Vergleich von prototypischen unattraktiven und attraktiven Gesichtern konnten Merkmale identifiziert werden, durch die sich attraktive Gesichter auszeichnen.
Die Ergebnisse der Untersuchung zur sozialen Wahrnehmung von Gesichtern zeigen, dass es ein ausgepragtes Attraktivitatsstereotyp gibt: Es finden sich fur beide Geschlechter hohe Korrelationen (zwischen 0,8 und 0,9) zwischen dem Attraktivitatsurteil und den zugeschriebenen Eigenschaften "erfolgreich", "zufrieden", "sympathisch"; "intelligent", "gesellig", "aufregend", "kreativ" und "fleisig". Damit konnte gezeigt werden, dass Attraktivitat weitreichende soziale Folgen nach sich zieht. In einer abschliesenden Betrachtung werden die damit verbundenen Konsequenzen fur das Individuum und die Gesellschaft kritisch diskutiert.
Hinweis: Aus Grunden des Personlichkeitsschutzes enthalt der Bericht keine Bilder von "Originalgesichtern" sowie von Gesichtern, die aus lediglich zwei "Originalgesichtern" berechnet wurden!