Die mittelalterliche Reform-Idee und ihr Verhältnis zur Idee der Renaissance
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Eine zusammenhängende Geschichte der Erneuerungsbewegungen im vorneuzeitlichen christlichen Westen ist noch nicht geschrieben. Reformideen und Renaissanceideen sind meist getrennt voneinander behandelt worden. Die Geschichte der Reformidee im Hochmittelalter ist aber der Hintergrund, vor dem seit dem 13. Jahrhundert die Renaissance im eigentlichen Sinn sich zu entwickeln beginnt, und andrerseits baut sich die Geschichte mittelalterlicher Reformen über heidnischen und christlichen Wiedergeburtsideen der Spätantike auf. Doch wird man die beiden Ideengruppen um Reform und Wiedergeburt nicht identifizieren dürfen, wie das Konrad Burdach und seine Schule bisweilen getan haben. Das hieße bestehende Verschiedenheiten verwischen. Notwendig erscheint also ein genaueres Studium der Beziehungen u n d der Unterschiede zwischen den Ideen der wirklichen oder sogenannten Renaissancen des Mittelalters einerseits — d. h. der theodosianischen, der angelsächsischen, der karolingischen, der ottonischen Renaissancen, der Renaissance des 12. Jahrhunderts und anderer Protorenaissancen — und andrerseits der biblischen und patristischen Idee von der Transformation des Menschen in das Ebenbild Gottes und den benediktinischen, „kluniazensischen", gregorianischen, zisterziensischen, franziskanisch-dominikanischen, konziliaren Reformideen (um nur die wichtigsten zu nennen). Der vorliegende Aufsatz will zunächst zeigen, wie die biblischpatristische Reformidee, die Grundlage aller späteren Reformideen in der christlichen Welt, sich deutlich von dem Renaissancebegriff des theodosianischen Zeitalters abhebt, und wie sie zugleich unterschieden ist von den Begriffen der Konversion und der Regeneration durch die Taufe. Weiterhin soll, so gut es in Kürze möglich ist, dargelegt werden, wie sich eine bedeutsame Differenz zwischen den Reformbegriffen des christlichen Ostens und Westens anbahnte. Diese Vergleichung wird vor allem den hl. Gregor von Nyssa und den hl. Augustinus einander gegenüberstellen. Schließlich wird versucht, wenigstens einige Hauptlinien der Geschichte der Reformidee im Mittelalter bis zur Renaissance und Reformation zu ziehen1).