Augenheilkunde im Nationalsozialismus – Das Greifswalder Berufungsverfahren 1938

Während zahlreiche Aspekte von Augenheilkunde im Nationalsozialismus von Rohrbach [1] umfangreich, wissenschaftlich fundiert und insbesondere aus der Sicht des Ophthalmologen dargestellt worden sind, sind die Hintergründe zu den einzelnen Berufungsverfahren aus jener Zeit, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kaum bekannt [2]. Dies überrascht nicht, denn Aufschluss hierzu können nur Untersuchungen vor Ort geben. Für das Berufungsverfahren zur Besetzung des Greifswalder ophthalmologischen Lehrstuhls 1938 ist dies mit Blick auf die Hierarchiestufe Universität nunmehr geschehen. In Preußen spielten sich Berufungsverfahren auf 3 Hierarchiestufen ab [1–4]. Die Verantwortlichen in den Universitäten, also Dekane, Dozentenschaftsführer und Rektoren, bildeten die untere Hierarchieebene. War ein Lehrstuhl vakant, so bat der jeweilige Dekan reichsweit die Ordinarien des betreffenden Faches um Nachfolgeempfehlungen. Die Vorgeschlagenen, hier Ophthalmologen, wurden in der Berufungskommission besprochen. So entstand eine Rangliste, die schließlich auf drei Plätze gekürzt wurde. Diese Liste, die Dreierliste, ging an das zuständige Ministerium. Die Hochschulen unterstanden Bernhard Rust, der in Personalunion Reichsund Preußischer Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (RuPMWEV) war. Rust und seine Beamten stellten die mittlere Hierarchiestufe dar. Ging alles gut, so wurde der Wunschkandidat der betreffenden Fakultät nach oben hin weiterempfohlen. Andernfalls, etwa wenn die Beamten oder Rust selbst, der letztlich an keinen Vorschlag gebunden war, die Dreierliste der Fakultät ablehnten, konnte sich das Verfahren hinschleppen. Außerdem hatten hier, auf dieser Stufe, Ränkeschmiede, politische Eiferer und Störer gute Chancen, in das Verfahren einzugreifen. Sie mussten allerdings mit