Zur Kenntnis des Rhodans und seiner Verbindungen

Die praparative Darstellung von Dirhodan aus Silberrhodanid und Brom konnte durch Verwendung von flussigem Schwefeldioxyd als Losungsmittel wesentlich verbessert werden. Das so gewonnene Dirhodan last sich mit Kaliumrhodanid, ebenfalls in flussigem Schwefeldioxyd, zu Kaliumtrirhodanid umsetzen, welches auf diese Weise erstmalig in reiner Form dargestellt wurde. Uberraschenderweise lies sich Dirhodan durch Komplexbildung nicht stabilisieren. Additionsprodukte von Borfluorid und Borchlorid an Dirhodan, welche entweder unmittelbar aus den Komponenten oder durch Abbau der BF3- und BCl3-Additionsprodukte von Nitrosylrhodanid erhalten werden konnen, zersetzen sich bereits bei tiefen Temperaturen. Aus Kaliumcyanid und flussigem Schwefeldioxyd last sich nur unterhalb von –20° bestandiges “Kaliumrhodanit” (Cyansulfinat), K[NCSO2], darstellen, welches sich leicht in Sulfat, Disulfit, Trithionat, Rhodanid und Paracyan zersetzt. Versuche, in ahnlicher Weise aus Kaliumcyanid und Schwefeltrioxyd “Kaliumrhodanat” (Cyansulfonat), K[NCSO3], herzustellen, verliefen ergebnislos. Ferner konnte gezeigt werden, das das bei der alkalischen Hydrolyse von Dirhodan primar entstehende “Hyporhodanit”, Me[NCSO], sich nicht wie ein Hypohalogenit verhalt. Hyporhodanite verhalten sich offensichtlich wie Derivate des Schwefeldihydroxydes, S(OH)2. (Auf diese Weise ist zu erklaren, das unter den Hydrolyseprodukten von Dirhodan Thiosulfat vorkommt.) Der Ablauf der Hydrolyse von Dirhodan kann mit der Hydrolyse eines Halogen-Molekuls nicht verglichen werden. Die in der Arbeit beschriebenen Versuche zeigen sehr eindrucksvoll, das die Chemie des Rhodans – sofern man von den Metall- und Alkylderivaten des Rhodanwasserstoffs absieht – den Charakter einer Tieftemperatur-Chemie hat.

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